Caroline Ludecus

Johanna Caroline[1] Amalie Ludecus geb. Kotzebue (* 16. September 1755 in Schöppenstedt;[2]27. April 1827 in Weimar[3]) war eine deutsche Schriftstellerin im klassischen Weimar mit dem Pseudonym Amalie Berg.

Leben

Johanna Caroline Amalie Kotzebue wurde 1755 in Schöppenstedt als Tochter von Johanne Henriette Margarethe Kotzebue, geb. Schwarzenstein (1727–1795) und Anton Ludwig Friedrich Kotzebue (1721–1787) geboren. Ihr Vater diente seit 1761 als Ober-Kriegs-Kommissar im Hauptquartier des braunschweig-wolfenbüttelschen Regiments und starb auf dem Posten des „Platz-Majors“ in Wolfenbüttel. Sein jüngerer Bruder war Levin Karl Christian Kotzebue (1727–1761), der Vater des Schriftstellers August Kotzebue.

Levin Karl Christian Kotzebue diente als Kanzleisekretär am Hof von Karl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel und wurde im Herbst 1758 von Braunschweig nach Weimar entsendet. In Weimar stand Carolines Onkel als Legationsrat und geheimer Referendar in Diensten der Herzogin Anna Amalia.[4] Dort bewohnte er zusammen mit seiner Frau Anna Christine (geb. Krüger, 1736–1828) und zwei weiteren Kindern, Karoline Amalie (verh. Gildemeister, 1759–1844) und Karl Ludwig Anton (1758–1832) das Gelbe Schloss, als August Kotzebue dort am 3. Mai 1761 geboren wurde.

Schon früher zogen zwei Schwestern von Anton Ludwig Friedrich Kotzebue, die Patentanten seiner Tochter Caroline, im Gefolge der Herzogin Anna Amalia von Wolfenbüttel nach Weimar um. Sophie Justine Johanna Kotzebue (geb. 1723, verh. Engelhardt) und Amalia Dorothea Wilhelmina Kotzebue (1729–1806) dienten als Kammerfrauen im Hofstab der regierenden Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach und späteren Herzogin-Mutter. Als der älteste Sohn von Anna Amalia, Herzog Carl August, volljährig wurde und 1775 Luise von Hessen-Darmstadt heiratete, verpflichtete die neue Herzogin Caroline als ihre Kammerfrau.[5] Im Dienste der Herzogin Luise blieb sie für insgesamt 18 Jahre. Erst nach ihrer Eheschließung mit Johann August Ludecus, dem Geheimen Sekretär der Herzogin-Mutter und (ab 1777) Schatull-Verwalter des Prinzen Constantin[6], am 29. September 1793[7][8] nahm sie, wie es in Weimar üblich war, den Abschied vom Hofdienst.[9]

Schon vor dem Tod ihres Mannes im Oktober 1801[10] betrat Caroline Ludecus die literarische Bühne.[11] Bereits im Frühjahr 1800 kam ihr erster Roman (anonym) heraus: Luise oder die unseligen Folgen des Leichtsinns. Eine Geschichte, einfach und wahr. Bei der Publikation erfuhr Caroline die Unterstützung ihres Cousins, August von Kotzebue. Er verfasste die Vorrede „An das Publikum“ und nutzte auch später seine starke Position auf dem literarischen Markt für die Vermittlung von Verlagen für die Publikationen seiner Cousine. Unter dem Pseudonym „Amalia Berg“ bot sie im März 1801 dem Herausgeber des vielgelesenen Almanachs Erholungen, Wilhelm Gottlieb Becker, ihre Erzählung Elise Grünfeld an;[12] es folgten zahlreiche weitere Beiträge. Auch bei Heinrich Frölich in Berlin erschienen Werke von Ludecus,[13] darunter der Roman Sophie von Normann, der schon ein Jahr nach seiner Veröffentlichung ins Niederländische übersetzt wurde.[14] Mit dem Drama Johanne Gray legte Caroline Ludecus 1806 eine originelle Bearbeitung des historischen Stoffes um eine tugendhafte weibliche Heldin vor, mit dem sich zuvor Christoph Martin Wieland (1758) und Madame de Staël (1790) auseinandergesetzt haben.[15]

Werke (Auswahl)

  • [Anonym] Luise oder die unseligen Folgen des Leichtsinns. Eine Geschichte, einfach und wahr. 2 Bände. Kummer, Leipzig 1800 (2. Auflage 1812). Erster Theil (1812). Zweiter Theil (1800).
  • Amalia Berg: Elise Grünfeld. In: Erholungen 1801, Drittes Bändchen, S. 75‒166.
  • Amalie Berg: Die Bendheimischen Geschwister. In: Erholungen 1802, Erstes Bändchen, S. 161‒214.
  • Amalie Berg: Der Verdacht. Eine Erzählung. In: Erholungen 1802, Zweites Bändchen, S. 40‒124.
  • Amalie Berg: Das belohnte Opfer. In: Erholungen 1802, Drittes Bändchen, S. 168‒185.
  • Amalie Berg: Pauline oder Die Macht der Erziehung. In: Erholungen 1803, Erstes Bändchen, S. 105‒183.
  • Amalia Berg: Reue versöhnt. In: Erholungen 1803, Zweites Bändchen, S. 101‒142.
  • Amalie Berg: Laura von Wiesenthal. In: Erholungen 1804, Erstes Bändchen, S. 1‒80.
  • Amalie Berg: Die Wiedervereinigung. (Auszug aus einem Briefe.) In: Erholungen 1804, Viertes Bändchen, S. 15‒29.
  • Amalia Berg: Amalie. Eine Begebenheit aus dem französischen Revolutionskriege. In: Erholungen 1805, Erstes Bändchen, S. 133‒155.
  • Amalia Berg: Verirrung und Rückkehr. Eine Erzählung. In: Erholungen 1805, Drittes Bändchen, S. 47‒123.
  • Amalia Berg: Lasterhafte Freuden beglücken nie. In: Erholungen 1805, Viertes Bändchen, S. 189‒209.
  • Amalie Berg: Sophie von Normann. Frölich, Berlin 1806. Digitalisat
  • Amalie Berg: Johanne Gray. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Fröhlich, Berlin 1806. Digitalisat.
  • Amalie Berg: Emilie, oder das Mädchen im Walde. In: Erholungen 1807, Drittes Bändchen, S. 24‒105.
  • Amalie Berg: Sie haben sich gefunden. In: Erholungen 1807, Erstes Bändchen, S. 5‒69.
  • Amalie Berg: Weiber-Leichtsinn und Männer-Schwäche. Eine Erzählung. In: Erholungen 1808, Erstes Bändchen, S. 113‒164.
  • Amalie Berg: Die Reise ins Bad. Eine Erzählung. In: Der Freimüthige, oder Berlinisches Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser. 5. Jg. 1808, S. 913f., 917f., 922f., 925‒927, 930f.
  • Amalie Berg: Eleonore. Ein Familiengemählde. Bille & Kramer, Prag 1812
  • [Anonym] Über weibliche Erziehung und Bildung, an deutsche Frauen von einer deutschen Frau. Müller, Erfurt 1815
  • Amalie Berg: Natur und Menschenleben. In: Erheiterungen 1816, Zweites Bändchen.
  • Amalie Berg: Der Jokey. In: Erheiterungen 1816, Zweites Bändchen.
  • Amalie Berg: Weibliche Seelenstärke. In: Erheiterungen 1816, Drittes Bändchen, S. 51‒88.
  • Amalie Berg: Die beiden Adolphinen. In: Erheiterungen 1816, Drittes Bändchen, S. 191‒230.
  • Amalia Berg: Caroline Gräfin von Thorenberg, oder die Erbin des stillen Thales, und der Jokey; zwei Erzählungen. Müller, Erfurt 1816 (2. Auflage: Erfurt 1826); Digitalisat.
  • Amalie Berg: Wahre Liebe siegt. Oper in drei Aufzügen. Erfurt 1817.[16]
  • Amalie Berg: Die Räuberhöhle. In: Erholungen, Nr. 45 (1819)
  • [Anonym] Dienstboten-Katechismus für die Schulen des Frauenvereins. Landes-Industrie-Comptoir Weimar 1819.
  • Amalie Berg, Erzählungen und Briefe. Hrsg. von Anna Ananieva. Hannover 2021. ISBN 978-3-86525-882-3. (Inhaltsverzeichnis)
  • Amalie Berg, Johanne Gray. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Hrsg. von Anna Ananieva. Hannover 2022. ISBN 978-3-86525-842-7. (Inhaltsverzeichnis; Verlagsinfo.)

Literatur

  • Carl Wilhelm Otto August von Schindel: Die deutschen Schriftstellerinnen des neunzehnten Jahrhunderts. Erster Theil, Leipzig 1823, S. 43 und 359; Dritter Theil, Leipzig 1825, S. 16.
  • Franz Muncker: Ludecus, Caroline. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 19, Duncker & Humblot, Leipzig 1884, S. 367–369.
  • Elisabeth Friedrich: Die deutschsprachigen Schriftstellerinnen des 18. und 19. Jahrhunderts. Metzler, Stuttgart 1981, ISBN 3-476-00456-2, S. 190.
  • Susanne Kord: Ein Blick hinter die Kulissen. Deutschsprachige Dramatikerinnen im 18. und 19. Jahrhundert. Metzler, Stuttgart 1992, ISBN 3-476-00835-5, S. 403.
  • Gudrun Loster-Schneider, Gaby Pailer (Hrsg.): Lexikon deutschsprachiger Epik und Dramatik von Autorinnen (1730–1900). Franke, Tübingen 2006, ISBN 3-7720-8189-4, S. 272–275.
  • Rostislav von Kotzebue: History and Genealogy of the Kotzebue Family Completed from General Paul von Kotzebue’s Memories Followed by Historical Data about Note-worthy Persons. Editions Hervas, Paris 1984. (S. 170ff.)
  • Hendrikje Carius, Katrin Horn: Johanna Caroline Amalie Ludecus, geb. Kotzebue (1757 – mind. 1827). In: Stefanie Freyer, Katrin Horn, Nicole Grochowina (Hrsg.): FrauenGestalten Weimar-Jena um 1800. Ein bio-bibliographisches Lexikon. 2. Auflage. Winter, Heidelberg 2009 (ISBN 978-3-8253-5656-9), S. 231–234.
  • Anna Ananieva, Die vielen Namen der Schriftstellerin Amalie Berg, in: Amalie Berg, Erzählungen und Briefe. Hannover 2021, ISBN 978-3-86525-882-3, S. 9–66.

Einzelnachweise

  1. Viele Kataloge benutzen die (nirgends belegte) Schreibung Karoline als Normeintrag.
  2. Taufeintrag laut Ananieva 2021, S. 48: Niedersächsisches Landesarchiv, Abteilung Wolfenbüttel, Signatur: NLA WO 1 Kb, Nr. 1046 (Kirchengemeinde Schöppenstedt, Taufen 1745–1774), Sp. 604–605, Eintrag 41 (1755).
  3. Todesanzeige, unterzeichnet von ihrer Stieftochter, in Weimarisches Wochenblatt vom 27. April 1827, S. 158; Evangelisches Kirchenarchiv Weimar, Sterberegister Stadtkirche. 1827, Bl. 150, Nr. 50 (Ananieva 2021, S. 64).
  4. Hochfürstl. SachsenWeimar- und Eisenachischer Hof- und Addreß-Calender, auf das SchaltJahr 1760, S. 18.
  5. Hochfürstl. SachsenWeimar- und Eisenachischer Hof- und Addreß-Calender, auf das Schalt-Jahr 1776, S. 84.
  6. Vgl. Hochfürstl. S.Weimar- und Eisenachischer Hof- und Addreß-Calender, auf das Jahr 1793, S. 97f..
  7. Weimarische Wöchentliche Anzeigen vom 2. Oktober 1793, S. 313; Evangelisches Kirchenarchiv Weimar, Trauregister Hofkirche 1793, Bl. 479 (Ananieva, S. 51).
  8. Die prominente Jagemann fand es befremdlich, dass „Mademoiselle Kotzebue, das artige Frauenzimmer,“ diese Heirat einging (Die Erinnerungen der Karoline Jagemann. Hgg. von Eduard v. Bamberg. Dresden 1926, S. 218).
  9. Freyer, Stefanie: Weimarer Hof um 1800. Eine Sozialgeschichte jenseits des Mythos. De Gruyter / Oldenbourg, Berlin u. a. 2009, S. 177178.
  10. Todesanzeige zitiert in: Goethe-Jahrbuch 27. Band, 1906, S. 100.
  11. In manchen Darstellungen ist sie verwechselt mit Amalie Henriette Caroline geb. Ludecus geschiedene (von) Voigt (1778‒1840), die ebenfalls literarisch tätig war. Amalie war die Tochter ihres Ehemanns aus seiner ersten Ehe, für die sie eine geliebte Stiefmutter wurde. Vgl. Muncker 1884 (mit falschem Geburtsjahr).
  12. Brief vom 17. März 1801, abgedruckt in Erzählungen und Briefe 2021, S. 263f.
  13. Karl Goedeke (Hrsg.): Grundriss zur Geschichte der deutschen Dichtung aus den Quellen. 5 (2. Abteilung). Dresden 1893, S. 475.
  14. Amalia Berg: Sofia van Norman. Brink, Gerritsz, Amsterdam 1807.
  15. Dagmar von Hoff: Dramen des Weiblichen. Deutsche Dramatikerinnen um 1800. Westdeutscher Verlag, Opladen 1989, S. 8490.
  16. Angezeigt in Allgemeines Verzeichniß der Bücher, welche in der Frankfurter und Leipziger Ostermesse des 1817 Jahres […] aufgelegt worden sind […]. Leipzig o. J., S. 239.
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