Fürstenberghaus

Das Fürstenberghaus, erbaut 1611 in der Johannisstraße 70 in Osnabrück, war ein bedeutendes Bürgerhaus der norddeutschen Renaissance. Bauherr war Gotthard Fürstenberg.

Das 1611 erbaute und 1945 zerstörte Fürstenbergsche Haus in Osnabrück, Johannisstraße 70
Johann Krull. Kupferstich von Matthias van Sommer, vor 1667
Fassade des Hauses Johannisstraße 70 in Osnabrück, (Fürstenberghof) als Zeichnung von Jan Striening, 1864

Architektur und Fassadengestaltung

Das stattliche Haus stand an der Ecke Johannisstraße/Kampstraße, heute Johannisstraße/Seminarstraße, mit dem Giebel zur Johannisstraße. Es war dreigeschossig, wobei die linke Seite offenbar ursprünglich eine zweigeschossige hohe Deele beinhaltete. Im ersten Obergeschoss der rechten Seite war ein reich verzierter Renaissanceerker mit zwei Fenstern nach vorn und je einem Fenster zu beiden Seiten. In der früheren Kampstraße gab es zudem eine viergeschossige, ebenfalls reich verzierte und durchfensterte Utlucht, die bis in das Dachgeschoss reichte. Das Obergeschoss kragte zu beiden Straßenseiten hervor. Der Giebel zur Johannesstraße war durch vier Horizontalgesimse gegliedert. Die Gesimse ragten über die Giebelschräge hinaus und trugen dort Obelisken.

Die Bandfriese unterhalb der Gesimse trugen folgende Inschriften aus großen römischen Buchstaben.

DEO·PATRIAE·POSTERIS · BONA CONSCIENTIA MIHI OPVS EST PROPTER DEVM, BONA FAMA PROPTER PROXIMVM·
FIDENTEM NESCIT DESERVISSE DEVS · WER GODT VERTRAWET HATT WOL GEBAWET · DEO BENE DANTE SED INVIDIA MALE FRENDENTE · WOL GEWVNEN VIE VERGVNEN BEST GELVNGEN·
Für Gott, für das Vaterland, für die Nachkommen · Ein gutes Gewissen ist mir ein Bemühen wegen Gott, ein guter Ruf wegen des Nächsten.
Gott verlässt den Gläubigen nicht · Wer Gott vertraut, hat wohl gebaut · Durch Gott wird gut gegeben, aber durch Neid wird übel zerstört · Wohl gewonnen, viel vergönnen, am besten gelungen. 

An dem der rechten Hausseite vorgebauten Erker befanden sich auf den beiden Feldern der Brüstung zwei nicht näher beschriebene Wappen, die Jahreszahl Anno 1611 und folgende Inschriften:

TIMENTI DOMINVM NON DEERIT VLLVM BONVM.(Ps. 34.2)
REVELA DOMINO VIAM TVAM, ET SPERA IN EO: ET IPSE FACIET · EDVCET, QVASI LVMEN IVSTICIAM TVAM ET IVDICIVM TVVM TANQVAM MERIDIEM.(Ps. 37.3)
SPERANTEM IN DOMINVM CIRCVMDABIT MISERICORDIA. (Ps. 32.4)
FORTVNA SINE I(N)VIDIA MISERA EST, AT INVIDIA VIRTVTE PARATA, NON INVIDIA SED GLORIA EST.
Dem, der den Herrn fürchtet, wird kein Gut fehlen.
Offenbare dem Herrn deinen Weg und hoffe auf ihn, er wird es selbst machen. Er wird deine Gerechtigkeit vorbringen wie das Licht und dein Rechtsspruch wie den Mittag.
Den, der auf den Herrn hofft, wird Barmherzigkeit umfangen.
Glück ohne Neid ist kläglich, aber durch Verdienst hervorgerufener Neid ist nicht Neid, sondern Ruhm. 

Bau- und Nutzungsgeschichte

Der Erbauer des Hauses, Gotthard Fürstenberg (* 1547 in Werne, † 1617 in Osnabrück), war Sohn aus einer Verbindung seines Vaters Gotthards des älteren von Fürstenberg mit einer ehemaligen Leibeigenen des Klosters Cappenberg und führte daher keinen Adelstitel. 1570 studierte er Rechtswissenschaft an der Universität Köln. 1580 war er Beisitzer des geistlichen Hofgerichts Münster, von wo aus er nach Osnabrück berufen wurde.

1586 bis zu seinem Tod im Jahr 1617 war er fürstbischöflicher Kanzler zunächst unter Bischof Bernhard von Waldeck und danach unter Philipp Sigismund von Braunschweig-Wolfenbüttel. Die dominierende Position, die Fürstenberg während seiner 30-jährigen Kanzlerschaft innerhalb der Landesregierung einnahm, fand ihren Niederschlag auch in dem Bau des repräsentativen Hauses Johannisstr. 70. Es gehörte zu den größten bürgerlichen Steinbauten der Stadt in dieser Zeit. Zudem war es als einziges mit Inschriften versehen, die im Umfang sogar die der grundsätzlich inschriftenfreundlicheren Fachwerkhäuser übertreffen.

Während der Friedensverhandlungen zur Beendung des Dreißigjährigen Krieges waren Johann Krull (1610–1668) und der magdeburgische Hauptgesandte Konrad von Einsiedel die Vertreter des ranghöchsten protestantischen Fürsten auf dem Kongress, weswegen die Magdeburger die Führungsrolle (das Direktorium) unter den protestantischen Reichsständen übernahmen. Das bedeutete, dass sie u. a. die Besprechungen der protestantischen Reichsstände leiteten. Nach ihrer frühen Abreise 1647 ging das Direktorium an das Herzogtum Sachsen-Altenburg über. Aufgrund ihrer Führungsrolle benötigte die Gesandtschaft eine größere, repräsentative Unterkunft. Der magdeburgische Gesandtschaftssekretär Christian Werner war bereits 1644 nach Osnabrück gekommen, um ein geeignetes Quartier zu finden. Nach aufwändiger Suche bezog die Gesandtschaft des Herzogs Friedrich Wilhelm II. schließlich das Fürstenberghaus, in dem noch dessen Witwe Elisabeth Schneider lebte. Das Quartier besaß einige repräsentative Räume sowie einen Garten, eine Küche und Wirtschaftsräume. Die Miete belief sich auf 16 Reichstaler monatlich, wobei die konkreten Mietbedingungen erst in einem mühsamen Prozess ausgehandelt werden mussten. Dabei waren nicht nur andere Gesandte wie z. B. der benachbarte Jakob Lampadius eingebunden, sondern auch der Rat der Neustadt. Grund dafür war vor allem, dass sich Werner mit der Vermieterin nicht über die Frage einigen konnte, ob diese sich an den anfallenden Baumaßnahmen finanziell beteiligen sollte. Man wurde sich schließlich doch noch einig und besiegelte den ausgehandelten Mietvertrag per Handschlag.

1864 wurde das Haus von Jan Striening gezeichnet.[1]

1879 wurde das Haus von Wilhelm Mithoff als wichtiges Kunstdenkmal der Provinz Hannover erkannt und beschrieben.

Am 12. Januar 1939 eröffnete Heinrich Wenner im Fürstenberghaus die noch bestehende Buchhandlung Wenner. Am 2. März 1945 (Palmsonntag) brannte das Haus beim letzten der 79 erfolgten Luftangriffe auf Osnabrück vollständig aus. „Die Fassade stand bis zum Einmarsch der Engländer, die aus dem Süden über die Johannisstraße einmarschierten.“[2] Erst nach der Besetzung Osnabrücks am 4. April 1945 wurde die Renaissancefassade umgeworfen. Die Ruinen des Hauses wurden in der Nachkriegszeit abgetragen und das Grundstück neu bebaut.

Literatur

Commons: Fürstenberghaus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Sabine Wehking: DI 26: Stadt Osnabrück (1988) Nr. 209† – Johannisstraße 70. urn:nbn:de:0238-di026g003k0020906 (inschriften.net).
  • Diozösanmuseum Osnabrück: Dem Frieden ein Gesicht geben, Leben und Verhandeln beim Westfälischen Friedenskongress, Ausstellung des Osnabrücker Diozösanmuseums 7. Juni bis 5. November 2023, Osnabrück 2023 (Website, abgerufen am 7. Dezember 2013)

Einzelnachweise

  1. Zeichnung von Jan Striening, 10. August 1864, Rijksmuseum Amsterdam.
  2. E-Mail von Ruth Wenner vom 30. November 2023 an Elmar Nolte
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