Grundrechte (Schweiz)

Grundrechte werden in der Schweiz hauptsächlich durch die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV) gewährleistet. Weitere Rechtsgrundlage bildet insbesondere die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Die Bundesverfassung sieht Voraussetzungen vor, unter denen einzelne Grundrechte eingeschränkt werden dürfen. Sie sind wichtiger Bestandteil des Rechtsstaates.

Historische Entwicklung

Formell gab es in der Schweiz erstmals 1798, nach dem Einmarsch französischer Revolutionstruppen, Grundrechte. Einige wenige, etwa die Gewerbefreiheit, blieben in den nachfolgenden Jahrzehnten eingeschränkt erhalten. Umfassendere Grundrechts-Kataloge in den einzelnen Kantonen resultierten erst nach den liberalen Revolutionen Anfang der 1830er Jahre und dann mit der Bundesverfassung von 1848.

Die Bundesverfassung von 1874 nannte folgende Grundrechte explizit:

Defensives Grundrechtsverständnis

Die Freiheitsrechte gelten als klassische Grundrechte. Sie ermöglichen dem Einzelnen, Eingriffe des Staates abzuwehren, und werden deshalb als Abwehrrechte angesehen. Bis 1950 anerkannten Lehre und Rechtsprechung in der Schweiz ausschliesslich die Abwehrfunktion der Freiheitsrecht in: Freiheitsrechte schafften – so die Ansicht – eine Staat-freie Sphäre, einen status negativus des Individuums. Nach dieser Auffassung erteilen die Freiheitsrechte weder einen Anspruch auf staatliche Leistung noch ein Garantie, dass der Staat Dritte zu einem Handeln anweisen kann, das den Freiheitsrechten nicht zuwiderläuft.[1] Dieses defensive oder negatorische Grundrechtsverständnis vertrat die Schweizer Staatsrechtslehre und das Bundesgericht[2] bis in die 1960er weitgehend. Nach Fritz Fleiner, eine zentrale Figur des Schweizer Staatsrechts, seien die Freiheitsrechte «nichts anderes als eine Negation staatlicher Zuständigkeit».[3]

Dieses Grundrechtsverständnis ist auf die Französische Revolution zurückzuführen. Im Vordergrund stand Ende des 18. Jahrhunderts der Schutz gegen den übergriffigen, obrigkeitlichen und absolutistischen Staat. Die französische Menschrechtserklärung von 1789 «war das eherne Gesetz, das die staatliche Macht hinfort in ewigen Schranken zu halten bestimmt war. [...] die Menschenrechte [waren] zur (absolutistischen) Staatsordnung antithetisch gedacht.»[4] Die Grundrechte, die in den Verfassungen von 1791, 1793 und 1795 verbrieft wurden, waren in gesonderten Erklärungen enthalten, die der Staat durch Verfassungsänderung gar nicht antasten konnte. In den USA wurden zunächst keine Grundrechte verfassungsrechtlich anerkannt, weil befürchtet wurde, dass dadurch deren naturrechtliche Geltung geschwächt würde.[5]

In der Regeneration, ab 1830, ging man in der Schweiz dazu über, Grundrechtskataloge in die Verfassungen aufzunehmen. Die Grundrechte waren nicht mehr «Gegenrechte gegen den Staat, die für diesen unantastbar waren, sondern […] eine vom Staate gewährte oder, abgeschwächt ausgedrückt, von ihm anerkannte Freiheitssphäre, die […] von ihm näher bestimmt werden konnte.»[6]

Konstitutives Grundrechtsverständnis

Die Gräuel der Shoa erschütterten die Rechtswissenschaft, besonders in Deutschland. Die rechtliche Freiheit wurde fortan nicht mehr als ein Gut verstanden, das der monarchisch legitimierten Obrigkeit abgerungen werden muss (wie im defensiven Rechtsstaatsdenken des 19. Jahrhunderts in Deutschland). Den Grundrechten kam neu eine umfassende Funktion zu, indem sie dem Staat selbst die Legitimation verleihen.[7] Zunehmend wurde von einem Verständnis ausgegangen, in dem die Grundrechte in alle Bereiche der staatlichen Ordnung ausstrahlen. Bahnbrechend für dieses konstitutive Grundrechtsverständnis in Deutschland war die Dissertation (1962) von Peter Häberle. Häberle anerkannte darin den «Doppelcharakter» – die einerseits subjektiv-, andererseits objektiv-rechtliche Dimension – der Grundrechte.[8]

Eine ähnliche Entwicklung fand gleichzeitig in der Schweiz statt. Während aber in Deutschland von der «spektakulärsten Neuerung des Verfassungsrechts» oder von einem «europäischen Gemeindegut» gesprochen wird, waren Lehre und Rechtsprechung in der Schweiz zurückhaltender. Die Entwicklung des konstutitiven Grundrechtsverständnisses in der Schweiz ist gekennzeichnet durch diese Behutsamkeit, den demokratischen Prozess nicht durch eine umfassende Determinierung der gesamten Rechtsordnung durch die Grundrechte zu unterlaufen.[9]

Grundlegend für die grundrechtstheoretische Entwicklung in der Schweiz war die Habilitationsschrift Grundrechte im Wandel Peter Saladins, die an Häberle anknüpfte. Den Grundrechten sei nicht Genüge getan durch blossen Verzicht auf staatliches Verbieten, sondern erst dann, wenn die gesamte Rechtsordnung auf deren Verwirklichung ausgelegt werde.[10] Wie bei anderen Rechtswissenschaftlern war Saladins Denkansatz vom Grauen des Zweiten Weltkriegs gezeichnet. Nach dem Mord an sechs Millionen Juden müsse das politische Menschenbild, revidiert werden.[11] Dieser Wandel fand schliesslich auch Ausdruck in einem Urteil des Bundesgerichts aus dem Jahr 1985.[12]

„Der himmelstürmende anthropologische Optimismus [ist] für jeden, der nur sehen will, ein für allemal widerlegt worden. Dieser Einsicht können auch wir Schweizer uns nicht entziehen, wenngleich bei uns keine Juden, keine Trotzkisten, keine Vietnamesen, keine Biafraner vernichtet wurden. Denn nicht Angehörige eines bestimmten Volkes, sondern der Mensch selbst hat seine essentielle Unberechenbarkeit, seine Masslosigkeit, seine Verworfenheit (im theologischen Sinne) offenbart.“

Peter Saladin: Die Funktion der Grundrechte in einer revidierten Verfassung[13]

Anerkennung von Schutzplichten

Mit der Etablierung eines konstitutiven Grundrechtsverständnisses setzte sich eine Anerkennung von Schutzpflichten durch. Der Staat missachtet Grundrechte demnach nicht nur dann, wenn er aktiv in sie eingreift, sondern ebenfalls bei einer Unterlassung von Hilfe bei bedrohten Personen. Mit der Zeit wurden Schutzpflichten für jedes Grundrecht entwickelt, jedoch mit unterschiedlicher rechtlicher Geltung.[14]

Dass der Staat für den Schutz seiner Bürger verantwortlich ist, ist keine neue Vorstellung, sondern spätestens seit der Aufklärung fester Bestandteil der Staatsphilosophie. Die neuzeitlichen politischen Philosophien stellten – ungeachtet aller Unterschiede im Detail – stets den Gedanken des Rechtschutzes ins Zentrum. Im Staat übertragen die Bürger einen Teil ihrer Freiheit auf den Staat und unterwerfen sich seiner Macht. Im Gegenzug schützt der Staat die individuellen Rechte der Menschen. Das Schutzversprechen ist somit die Legitimationsgrundlage für die Existenz des Staates.[15]

Entwicklung einer Drittwirkungslehre

Das Bundesgericht legte im 19. Jahrhundert den Grundstein für die Entwicklung einer Drittwirkungslehre. Es anerkannte fallweise, dass insbesondere die (Zivil-)Gerichte die Grundrechte auch dort zu schützen hätten, wo sie durch private Übergriffe bedroht seien. In einem Urteil von 1878 fand das Bundesgericht in einer eherechtlichen Streitigkeit mit Bezug auf die Religionsfreiheit: «So wenig der Staat […] seinen Angehörigen ein bestimmtes religiöses Bekenntnis vorschreiben oder verbieten […] darf, so wenig steht dem Ehemanne das Recht zu, die religiöse Überzeugung seiner Ehefrau zu beherrschen.»[16] Ein Urteil aus dem Jahr 1890, in dem das Bundesgericht die Zivilrichter zur Anwendung der Grundrechte verpflichtete, war für die weitere Rechtsprechung wegweisend (Präjudiz). Jörg Paul Müller meint, dass es als «leading case zum konstitutiven Verständnis der Grundrechte» gesehen werden könne.[17]

Diese Rechtsprechung bestätigte das Bundesgericht im 20. Jahrhundert verschiedentlich, insbesondere im Bereich des Eherechts. In dem Urteil zu einem Fall, als Studierende der Universität Bern eine Veranstaltung in einem Ausmass störten, dass sie nicht stattfinden konnte, führte das Bundesgericht aus: Wenngleich die Meinungsfreiheit «primär die Beziehungen zwischen dem Bürger einerseits und dem Staat andererseits betrifft, so müssen ihr doch auch Wirkungen im horizontalen Verhältnis (d. h. zwischen den Bürgern) zuerkannt werden. Hierfür besteht gerade im Hinblick auf die demokratische Willensbildung ein berechtigtes Interesse.»[18]

Ein Urteil aus dem Jahr 1985 bezüglich des Streikrechts schlug in der Schweizer Staatsrechtslehre hohe Wellen. Vertreter des Privatrechts befürchteten, dass die Privatautonomie gefährdet werden könnte, wenn sich das Grundrechtsverständnis weiter ausdehne. Denn in Deutschland wuchs ein Verständnis, die sogenannte direkte Drittwirkung, wonach die Grundrechte unmittelbar auch im Privatrecht bindend sind. Eine solche Auffassung vermochte sich in der Schweiz nicht durchzusetzen. Das Bundesgericht und die Lehre waren vielmehr von dem Gedanken geleitet, dass die Grundrechte in der gesamten Rechtsordnung zum Tragen kommen sollen. Art. 35 BV trägt dem Rechnung; das Drittwirkungsproblem ist damit aber nicht gelöst.[19]

Rechtliche Grundlagen

Bundesverfassung

In den Artikeln 7–34 sieht die Bundesverfassung einen Grundrechtskatalog vor, der durch die Garantie der Menschenwürde eingeleitet wird. Dass gerade dieses Grundrecht am Anfang steht, ist kein Zufall, denn es liegt der gesamten Verfassung zugrunde und geniesst daher besonderen Schutz. Abgesehen von dieser Ausnahme ist der Katalog nicht nach Wichtigkeit geordnet.[20] Wenngleich die politischen Recht keine Grundrechte darstellen, gesteht ihnen Art. 34 BV einen ähnlichen Rang zu. Die Grundrechte der Bundesverfassung stellen direkt anwendbares Recht tätigen. Das Individuum kann sich direkt auf sie berufen, ohne dass ein Dazwischenschalten des Gesetzgebers nötig ist. Die Gesetzgeber (Parlamente) in Bund und Kantonen sind jedoch verpflichtet, die Grundrechte zu konkretisieren und zu deren Schutz beizutragen. Damit unterscheiden sich die Grundrechte von vielen anderen Verfassungsnormen, die erst dann gerichtlich durchsetzbar sind, wenn sie der Gesetzgeber näher ausführt.[21]

Abgesehen von diesen geschriebenen gibt es auch ungeschriebene, gewohnheitsrechtlich anerkannte Grundrechte. Ihnen kam in der Zeit vor der Totalrevision der Bundesverfassung 1999 eine grosse Bedeutung zu, da die Verfassung von 1874 lediglich zehn Grundrechte anerkannte. Ab 1959 anerkannte das Bundesgericht eine Reihe weiterer Grundrechte, die 1999 in die Verfassung aufgenommen wurden. Seitdem hat das Bundesgericht keine neuen Grundrechte anerkannt; diese Möglichkeit steht ihm in der Zukunft jedoch zu.[22]

Den Kern des bundesverfassungsrechtlichen Grundrechtsschutzes bilden das Willkürverbot, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts vom Bundesgericht anerkannt wurde, und die Menschenwürde. Das Willkürverbot untersagt jegliche Schikane und jedwede Behandlung, die dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Die Menschenwürde sichert die Individualität und die Gleichheit eines Jeden. Beiden Garantien wohnt der Gedanke die Subjektqualität des Menschen inne und bewahren ihn davor, zum Objekt staatlicher Herrschaft zu verkommen. Auch für die Bundesverfassung gilt der Grundsatz, dass der Staat um des Menschen willen da ist und nicht der Mensch um des Staates willen.[23] Die Anerkennung des Willkürverbots als eigenes Grundrecht ist weltweit einzigartig.[24]

Internationales Recht

Abgesehen vom innerstaatlichen Recht garantieren diverse völkerrechtliche Verträge Grundrechte. Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) nimmt die wichtigste Stellung für die Schweiz ein. Die Bestimmungen in der EMRK sind wie die Grundrechte in der Bundesverfassung direkt anwendbar. Sie geniessen Verfassungsrang und deren Verletzung kann vor dem Bundesgericht gerügt werden. Die EMRK hat den Zweck, einen europaweiten Mindeststandard zu gewährleisten. Daraus folgt: Wenn die Bundesverfassung dem Einzelnen mehr Freiheiten einräumt, gilt die Bundesverfassung. Umgekehrt ist die EMRK massgebend, wenn deren Garantien den Schutzbereich der Bundesverfassung übersteigen.[25]

Neben der EMRK sind die UNO-Pakte I und II für die Grund- und Menschenrechte von grosser Bedeutung. Hinzu kommen eine Reihe weiterer Abkommen, die im Rahmen der UNO ratifiziert wurden, z. B. die UN-Antifolterkonvention. Diesen Abkommen kommt jedoch eine weitaus geringere Bedeutung als der EMRK zu, da deren Durchsetzung nur schwer möglich ist. Entscheide des UN-Ausschusses für Menschenrechte sind völkerrechtlich nicht bindend. Es existiert oft keine Gerichtsbarkeit, die die Befugnis zur Durchsetzung hat. Ob sich ein Bürger innerstaatlich auf die Rechte eines völkerrechtlichen Vertrages berufen kann (mit Beschwerde an das Bundesgericht), hängt von der Art des Vertrags ab (siehe Völkerrechtliche Verträge#Arten völkerrechtlicher Verträge).[26]

Kantonsverfassungen

Grundrechte können in Kantonsverfassungen gewährleistet werden. Rechtliche Bedeutung haben diese jedoch nur, wenn sie über den Grundrechtskatalog der Bundesverfassung hinausgehen.[27] Beispiele dafür sind das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (Art. 17 Abs. 3 Kantonsverfassung Bern, Art. 17 Kantonsverfassung Zürich), der Anspruch auf staatliche Beihilfe an die erste Berufsausbildung (Art. 37 Kantonsverfassung Waadt) oder das Recht der Eltern auf eine staatliche oder private familienergänzende Tagesbetreuungsmöglichkeit zu finanziell tragbaren Bedingungen innert angemessener Frist (§ 11 Abs. 2 lit. a Kantonsverfassung Basel-Stadt). Weil es häufig keine kantonale Verfassungsgerichtsbarkeit gibt, haben kantonale Grundrechte eine geringe praktische Bedeutung. Allerdings besteht die Möglichkeit einer Beschwerde ans Bundesgericht bei Verletzung kantonaler verfassungsmässiger Rechte (Art. 95 lit. c Bundesgerichtsgesetz).[28]

Typen von Grundrechten

Die nachfolgend vorgenommene Einteilung der Grundrechte ist ein dogmatisches Konstrukt, das im Wesentlichen didaktischen Zwecken dient. In der Praxis lassen sich die einzelnen Grundrechtskategorien nicht so scharf abtrennen.[29]

Freiheitsrechte

GrundrechtArtikel der BV
MenschenwürdeArt. 7
Recht auf Leben und persönliche FreiheitArt. 10
Schutz der PrivatsphäreArt. 13
Recht auf Ehe und FamilieArt. 14
Glaubens- und GewissensfreiheitArt. 15
Meinungs- und InformationsfreiheitArt. 16
MedienfreiheitArt. 17
SprachenfreiheitArt. 18
WissenschaftsfreiheitArt. 20
KunstfreiheitArt. 21
VersammlungsfreiheitArt. 22
VereinigungsfreiheitArt. 23
NiederlassungsfreiheitArt. 24
Schutz vor Ausweisung, Auslieferung und AusschaffungArt. 25
EigentumsgarantieArt. 26
WirtschaftsfreiheitArt. 27
KoalitionsfreiheitArt. 28

Freiheitsrechte schützen bestimme Ausprägungen des menschlichen Lebens. Hierbei handelt es sich grundsätzlich um individuelle (oder kollektive) private Handlungen wie das Abhalten von Versammlungen (Versammlungsfreiheit), die Gründung von Vereinigungen (Vereinigungsfreiheit) oder die freie Meinungsäusserung (Meinungsfreiheit). Die Ehe- und die Eigentumsfreiheit schützt auch soziale Institute, die Ehe oder das Eigentum. Sofern die Voraussetzungen erfüllt sind, können die Freiheitsrechte eingeschränkt, niemals aber beseitigt werden. Freiheitsrechte sind Abwehrrechte der Bürger gegenüber staatlichen Eingriffen; sie verpflichten den Staat überwiegend dazu, gewisse Handlungen zu dulden oder zu unterlassen. Die Freiheitsrechte werden begrenzt durch die Freiheit der anderen.[30]

Das Bundesgericht urteilte im Jahr 1970, dass die Meinungsfreiheit wegen ihrer überragenden Bedeutung für die demokratische Willensbildung eine Sonderstellung im Verfassungsefüge einnehme.

„Elle [la liberté d'expression] est encore le fondement de tout Etat démocratique: permettant la libre formation de l'opinion, notamment de l'opinion politique, elle est indispensable au plein exercice de la démocratie. Elle mérite dès lors une place à part dans le catalogue des droits individuels garantis par la constitution et un traitement privilégié de la part des autorités.“

„Die Meinungsfreiheit ist die Grundlage eines jeden demokratischen Staates: Sie ermöglicht die freie Meinungsbildung, insbesondere die politische Meinungsbildung, und ist für die volle Ausübung der Demokratie unerlässlich. Sie verdient daher eine besondere Stellung unter den von der Verfassung garantierten individuellen Rechte und eine bevorzugte Behandlung durch die Behörden.“

Bundesgericht: BGE 96 I 158 E.6[31]

Verfassungsbestimmungen und somit auch Grundrechte sind jedoch in aller Regel gleichwertig, wie das Bundesgericht[32] urteilte. Diese Auffassung wird auch von der Mehrheit der Schweizer Staatsrechtslehre geteilt.[33]

Rechtsstaatliche Garantien und Verfahrensgrundrechte

GrundrechtArtikel der BV
Rechtsgleichheit und DiskriminierungsverbotArt. 8
Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und GlaubenArt. 9
Allgemeine Verfahrensgarantien, insbesondere
Verbot der formellen Rechtsverweigerung
Recht auf rechtliches Gehör,
Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege
Art. 29
RechtsweggarantieArt. 29a
Garantien im gerichtlichen VerfahrenArt. 30
Garantien bezüglich FreiheitsentzugArt. 31
Garantien bezüglich StrafverfahrenArt. 32
PetitionsrechtArt. 33
Garantie der politischen Rechte Art. 34

Die zentralste der rechtsstaatlichen Garantien ist die Rechtsgleichheit (Art. 8 BV), aus der der Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben (Art. 9 BV) sowie die Verfahrensgarantieren (Art. 29 ff. BV) abgeleitet sind.

Soziale Grundrechte

GrundrechtArtikel der BV
Recht auf Hilfe in NotlagenArt. 12
Recht auf GrundschulunterrichtArt. 19

Die sozialen Grundrechte in der Bundesverfassung umreissen Ansprüche des Individuums auf staatliche Leistungen, z. B. Sozialversicherung oder das Recht, eine Wohnung zu beziehen. Während die meisten anderen Grundrechte unmittelbare Ansprüche gewähren, können die sozialen Grundrechte (abgesehen von Art. 12 und Art. 19) erst dann eingeklagt werden, wenn sie das Parlament auf Gesetzesstufe genauer regelt.[34] In der Lehre wird die Existenz weiter sozialer Grundrechte diskutiert. Regina Kiener erachtet den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Sinne von Art. 11 BV als soziales Grundrecht.[35] Während einige das Recht zum Streik als eigenständiges Grundrecht erachten,[36] klassifizieren es andere als Teil der Koalitionsfreiheit und damit als Freiheitsrecht.[37] Diskutiert wird ebenfalls ein Grundrecht auf Sozialhilfe.[38]

Nicht zu den sozialen Grundrechten zählen die Sozialziele (Art. 41 BV).

Träger und Adressaten

Träger (Grundrechtsberechtigte)

In erster Linie und in den meisten Fällen sind Private (natürliche Personen) Träger der Grundrechte, sie geniessen also deren Schutz. Prinzipiell stehen natürlichen Personen alle Grundrechte zu, ein paar wenige gelten nur für Schweizer Staatsbürger (beispielsweise das Ausweisungsverbot oder die politischen Rechte). Auch juristische Personen des Privatrechts (Unternehmen) können Träger von Grundrechten sein, soweit das betreffende Recht überhaupt einer juristischen Person zustehen kann.[39]

Adressaten (Grundrechtsverpflichtete)

Primär sind alle Staatsorgane aller Ebenen (Bund, Kantone, Gemeinden) an die Grundrechte gebunden. Für den Gesetzgeber sind die Grundrechte Schranken, die er in seinen Erlassen nicht verletzen darf. Obschon das Bundesgericht nur kantonale Gesetzesbestimmungen wegen Grundrechtsverletzungen aufheben kann – was es auch immer wieder tut –, ist auch die Bundesversammlung an die Grundrechte gebunden. Dasselbe gilt für die Regierung und Verwaltung. Gerichte müssen bei der Rechtsfindung die Grundrechte beachten und schützen, indem grundrechtswidrige Akte und Erlasse für nichtig erklärt (Einschränkung wegen Art. 190 BV) und bei der Auslegung die grundrechtlichen Werteideen berücksichtigt werden.[40]

Art. 35 Abs. 2 legt fest, dass alle, die eine staatliche Aufgabe ausführen, an die Grundrechte gebunden sind. Das gilt uneingeschränkt. Die früher vorherrschende Ansicht, dass der Staat, wenn er als Privatrechtssubjekt auftrete, nicht an die Grundrechte gebunden sei, wird kaum noch vertreten.[41] Private sind ebenso an die Grundrechte gebunden sind, wenn sie staatliche Aufgaben erfüllen. Das zeigt sich bei privaten Sicherheitskräften, wenn sie im öffentlichen Raum (beispielsweise einem Sportstadion) agieren. Sind sie durch das kantonale Recht ermächtigt, Besucher zu durchsuchen, erfüllen sie eine staatliche Aufgabe und sind daher grundrechtsgebunden. Dasselbe gilt bei Konzessionen.[42]

Anwendung fand diese Bestimmung ebenfalls bei den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB). Wenngleich die SBB privatrechtlich aktiv sind, sind sie grundrechtsgebunden. In einem breit rezipierten Urteil[43] zur Frage, ob die SBB das Aushängen von Plakaten an einer Bahnhofswand untersagen könne, stellte das Bundesgericht fest, dass sie das nicht einfach dürften. Der Inhalt des Plakats war politisch, weshalb der Aushang durch die Meinungsfreiheit geschützt werde. Das Grundrecht auf Meinungsäusserung sei durch die SBB verletzt worden; es dürfe nur eingeschränkt werden, wenn die Voraussetzungen von Art. 36 BV erfüllt seien.[44] Wenn öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform hoheitliche Aufgaben wahrnehmen, sind sie zweifellos grundrechtsgebunden. Bei einem Unternehmen wie der Post, die private Dienstleistungen erbringt, wird eine Grundrechtsbindung in diesen Fällen diskutiert.[45] In selten Fällen sind auch Privatpersonen an Grundrechte gebunden (Drittwirkung).

Verwirklichung

Art. 35 BV

1 Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen.

2 Wer staatliche Aufgaben wahrnimmt, ist an die Grundrechte gebunden und verpflichtet, zu ihrer Verwirklichung beizutragen.

3 Die Behörden sorgen dafür, dass die Grundrechte, soweit sie sich dazu eignen, auch unter Privaten wirksam werden.

Modernes Grundrechtsverständnis

„Im Vordergrund der Grundrechtsgeltung steht damit nicht mehr so sehr ein subjektiv-individueller Status des isolierten Einzelnen, den es gegen den Staat zu verteidigen gilt, sondern entscheidend wird die Verantwortung der ganzen politischen Gemeinschaft für die Verwirklichung der Freiheiten und Rechte der Menschen in aller staatlichen Tätigkeit.“

Jörg Paul Müller: Entstehung und Entwicklung der Grundrechte in der Schweiz[46]

Nach heutiger Auffassung sind Grundrechte nicht nur Abwehrrechte, sondern bilden ebenfalls objektive Grundsatznormen, die in der ganzen Rechtsordnung zum Tragen kommen und staatliches Handeln ganz allgemein bestimmen. Der Staat muss Grundrechte nicht nur achten, sondern hat Massnahmen zu treffen, um die Grundrechte in der gesamten Rechtsordnung durchzusetzen und zu schützen. Jedes staatliche Handeln – ob auf Gemeinde-, Kantons- oder Bundesebene – ist an die Grundrechte gebunden (Art. 35 BV). Diese Auffassung setzte sich unter dem Einfluss der deutschen Lehre und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch in der Schweiz durch.[47]

Dieses konstitutive Grundrechtsverständis hat zur Folge, dass der Staat nicht nur gewisse Handlungen unterlassen, sondern Individuen und Gruppen vor Grundrechtsverletzungen schützen muss. Er hat Vorkehrungen zu treffen, um die Ausübung dieser Rechte zu erleichtern. In Ausnahmefällen ergeben sich aus Freiheitsrechten Leistungsansprüche. Ein Gefangener etwa hat das Recht auf menschenwürdige Haft; dieses Recht beinhaltet Ansprüche auf gesunde Ernährung und medizinische Versorgung.[48] Gerichte müssen jedoch zurückhaltend sein, wenn sie aus Freiheitsrechten Leistungsansprüche ableiten, denn es droht eine Aushöhlung demokratischer Prozesse. Die Parlamente stellen im Gesetzgebungsverfahren Regelungen auf, nach denen Private zu handeln haben, und genehmigen finanzielle Mittel.[49]

Subjektiv-rechtliche Dimension

Primär verbriefen die Grundrechte dem Subjekt zustehende Rechte gegen den Staat. Die Hauptfunktion der Grundrechte liegt darin, dem Einzelnen eine Sphäre zu vermitteln. Der Staat muss die individuelle Freiheitsbetätigung dulden und ungerechtfertigte Einschränkungen der grundrechtlich geschützten Sphäre unterlassen. Zu dieser subjektivrechtlichen Dimension zählen die justiziablen Ansprüche – jene also, die unmittelbar gestützt auf die Verfassung oder einen völkerrechtlichen Vertrag gerichtlich durchgesetzt werden können.[50]

Gewisse Grundrechte vermitteln einklagbare Abwehrrechte, die vor staatlichen Übergriffen schützen sollen. Art. 10 Abs. 2 BV (körperliche Unversehrtheit) wird nur dann gewahrt, wenn Träger staatlicher Aufgaben einen Eingriff in die körperliche Integrität unterlassen. Diese Abwehransprüche gelten nicht absolut – abgesehen vom Kerngehalt der einzelnen Grundrechte –, der grundrechtliche Schutzbereich kann eingeschränkt werden. Abwehransprüche sind in erster Linie auf Freiheitsrechte angepasst.[51]

Leistungsansprüche hingegen fordern im Gegenteil nicht ein Unterlassen des Staates, sondern stellen eine Handlungspflicht dar. Sie sind in der Schweiz nur punktuell anerkannt.[52] Leistungsansprüche können sich (in seltenen Fällen) einerseits aus der Verfassung selbst – etwa beim Recht auf Existenzsicherung (Art. 12 BV) oder unentgeltliche Rechtspflege (Art. 29 Abs. 3 BV) –, andererseits fallweise, in bestimmten Konstellationen ergeben. Aus dem Verbot der Geschlechterdiskriminierung ergibt sich ein Anspruch auf staatliche Massnahmen, die Gleichstellung herzustellen suchen.[53] Die Leistungspflicht für den Staat erlangt in jenen Fällen grosse Bedeutung, wenn ohne die Freiheit des Einzelnen ohne hoheitliches Zutun wertlos wäre. In Fällen, in denen Menschen ihr Obdach verlieren oder unter dem Existenzminimum leben, wird der Leistungsanspruch zwingende Konsequenz der Freiheitsgarantien.[54]

Objektiv-rechtliche Dimension

Wenn Menschen in Kontakt mit dem Recht kommen, geschieht das über Gesetze und Verordnungen – die Grundrechtsgarantieren stehen nicht im Vordergrund. Umso wichtiger ist es, dass der freiheitsschützende Gehalt der Grundrechte auch im einfachen Recht zum Tragen kommt; sie müssen «in der gesamten Rechtsordnung» (Art. 35 Abs. 1 BV) gelten. Damit wird die objektivrechtliche Bedeutung der Grundrechte angesprochen: Über den subjektivrechtlichen Schutzbereich hinaus durchdringen die Grundrechte staatliche Institutionen und verpflichten sie, das Recht grundrechtskonform auszugestalten und auszulegen. Von Bedeutung ist das insbesondere bei der Rechtsetzung durch das Parlament; es ist stets angehalten, bei der Ausgestaltung der Gesetze die Grundrechte mitzudenken.[55] Aus diesen Pflichten folgt jedoch nicht, dass die gesamte Rechtsordnung allein auf die Grundrechtsverwirklichung auszurichten ist.[56]

Schutzpflichten

Abwehransprüche setzen hoheitlichem Handeln Grenzen, und Leistungsansprüche verlangen ein bestimmtes Handeln. Gewährt ein Grundrecht Schutzansprüche, so müssen die Behörden Übergriffe nicht-staatlicher Akteure vereiteln. Auf staatlicher Seite bilden individuelle Schutzansprüche Schutzpflichten.[57] Das Paradebeispiel eines Falles, in dem der Staat seine Schutzpflicht nicht erfüllt, ist das Nichteingreifen der Polizei bei einer Person, die an Leib und Leben bedroht ist. Die Schutzpflichten sind primär an den Gesetzgeber gerichtet. Ihm steht ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu, wie er die Schutzpflichten umsetzen möchte. Bleibt der Gesetzgeber untätig, ist die Exekutive in der Verantwortung. Das Bundesgericht bestätigte Schutzpflichten bei der Meinungsfreiheit, der Religionsfreiheit,[58] der Versammlungsfreiheit[59] oder aus der Eigentumsgarantie[60].[61]

Schutzpflichten bilden «den Inbegriff aller objektiv-rechtlichen Grundrechtsgehalte»,[62] erlangen aber in gewissen Konstellationen subjektiv-rechtliche Bedeutung. Das Verbot der Todesstrafe oder das Ausweisungsverbot begründen zwar in erster Linie staatliche Pflichten (der Staat darf nicht ausweisen, die Todesstrafe es ist verboten), aus ihnen lassen sich jedoch umgekehrt subjektive Rechte ableiten. Sie sind jedoch weniger griffig und durchsetzungsfähig als klassische Abwehrrechte. Schutzpflichten gelten jedoch auch, wenn sich aus ihnen keine subjektiven Rechte begründen lassen.[63]

Schutzpflichten sind zwar dogmatisch eingehend erörtert worden, geniessen jedoch geringe praktische Relevanz. Zurückzuführen ist das auf den grossen Gestaltungsspielraum, den der Gesetzgeber hat; denn grundrechrechtliche Schutzpflichten verlangen kaum eine spezifische Handlung durch den Staat, sondern halten fest, dass in einem bestimmten Bereich den Bürgern Schutz zusteht. Wie dieser Schutz ausgestaltet wird, ist Sache des Gesetzgebers oder der Verwaltung und Gerichte. Nur wenn der Staat keine oder völlig unzureichende Schutzvorkehrungen trifft, folgen aus allgemeinen Schutzpflichten konkrete Handlungspflichten.[64]

Drittwirkung (Grundrechtsbindung unter Privaten)

Grundrechte sind eine Waffe des Individuums gegen dem mächtigen Staat. Im privaten Bereich sind jedoch ebenfalls Machtgefälle möglich, die der Staat-Bürger-Beziehung nahe kommen und in denen die grundlegenden Rechte des Einzelnen stark verletzt werden können. Die Frage nach der Dritt- oder Horizontalwirkung, also nach ihrer Geltung unter Privaten und damit im Zivilrecht, von Grundrechten folgt aus der Erkenntnis, dass die grundrechtlich geschützten Garantien nicht nur durch staatliche, sondern ebenfalls durch Eingriffe Privater erheblich bedroht werden können. Art. 35 Abs. 3 anerkennt, dass die Grundrechte auch unter Privaten wirksam werden, «soweit sie sich dazu eignen». Diese offene Formulierung gewährt dem Gesetzgeber und den rechtsanwenden Behörden einen erheblichen Spielraum.[65]

Der Begriff Drittwirkung kann in die Irre führen, denn primärer Adressat bleibt der Staat. Die Drittwirkung ist vornehmlich eine Konsequenz des konstitutiven Grundrechtsverständnisses und wird aus staatlichen Schutzpflichten begründet. Aus den Grundrechten können keine Verhaltensregeln für Private abgeleitet werden. Der Gesetzgeber muss dafür vorgängig eine gesetzliche Grundlage schaffen. Grundrechtsadressat sind genauer der Gesetzgeber und der Richter, der das Recht anwendet. Daher wird die Drittwirkung auch als Sonderfall der staatlichen Schutzpflichten verstanden.[66] In diesem Sonderfall besteht der Übergriff Privater durch den Missbrauch ihrer Privatautonomie.[67] Die Grundrechte der EMRK gewähren auch keine unmittelbare Drittwirkung, da der Adressat der Staat ist; Schutzpflichten bestehen dennoch.[68]

Lehre[69] und Rechtsprechung[70] verneinen die direkte Drittwirkung grundsätzlich. Grundrechte taugen also nicht, unmittelbar als Grundlage für eine gerichtliche Beurteilung im Privatrechtsverkehr zu dienen, ohne dass eine gesetzliche Differenzierung besteht. Art. 8 Abs. 3 Satz BV stellt den einzigen von der Lehre anerkannten Fall dar, in denen ein Grundrecht eine direkte Drittwirkung festhält. Er verlangt, dass Mann und Frau für gleichwertige Arbeit denselben Lohn erhalten müssen. Das gilt nicht nur für Staatsangestellte (wie früher angenommen wurde), sondern auch gegenüber einem privaten Arbeitgeber.[71] Es handelt sich um einen direkt einklagbaren Anspruch.[72] Eine abweichende Meinung vertritt Rainer J. Schweizer, der eine unmittelbare Horizontalwirkung für eine Reihe weiterer Grundrechte anerkannt, unter anderem für die Menschenwürde, das Folterverbot und Art. 15 Abs. 4 (freie Religionsausübung respektive Schutz vor Zwang). Schweizer legt den Fokus bei der direkten Drittwirkung darauf, dass mit ihr Gesetzeslücken geschlossen werden. Es gibt seines Erachtens keine «Dichotomie von Privatrecht einerseits und Verfassungs- und Völkerrecht andererseits gibt, sondern dass die Grund- und Menschenrechte als oberste Werte des Staates und der zivilisierten Völkergemeinschaft in die ganze Schweizer Rechtsordnung ausstrahlen [...].»[73]

Einschränkung von Grundrechten

Allgemeines

Art. 36 BV

1 Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr.

2 Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein.

3 Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein.

4 Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar.

Wenngleich die Grundrechte für das menschliche Dasein von grösster Bedeutung sind, gibt es Situationen, in denen einzelne Grundrechte eingeschränkt werden müssen; der Staat greift in diesen Fällen in die Grundrechte des Einzelnen ein. Ein Eingriff (auch Ingerenz genannt) stellt nicht zwingend eine Grundrechtsverletzung, die illegal ist, dar. Die Einschränkung eines Grundrechts ist terminologisch gleichbedeutend mit dem Eingriff.[74]

Art. 36 BV hält die Anforderungen für einen Grundrechtseingriff fest. Diese Anforderungen müssen kumulativ erfüllt sein und gelten für alle Grundrechte, auch für jene nach Art. 118b Abs. 2 oder Art. 119 Abs. 2 Bst. f und g. Art. 36 kann jedoch nicht gleichsam auf alle Grundrechte angewandt werden. Er gilt in erster Linie für Freiheitsrechte, da in aller Regel nur sie Schutzbereiche aufweisen, die eingeschränkt werden können. Soziale Grundrechte beispielsweise verbriefen Leistungsansprüche, die vom Gesetzgeber erbracht werden oder eben nicht; von Einschränkung kann in diesem Fall nicht die Rede sein. Für die rechtsstaatlichen Garantien gilt Ähnliches. Sie verlangen oft gesonderte Prüfungsfragen, ob eine Beschränkung rechtmässig ist.[75] Die Verfahrensrechte dulden grundsätzlich, da sie Mindeststandards darstellen, kaum Einschränkungen; im Einzelfall sind Ausnahmen denkbar. Bei ihnen stellt sich eher die Frage, ob der Staat seine völkerrechtlichen Verpflichtungen erfüllt.[76]

Grundlage: Der Schutzbereich eines Grundrechts

Jene Sphäre, die von einem Grundrecht garantiert wird, ist der Schutzbereich des Grundrechts. Bei einer Grundrechtseinschränkung wird in diesen Schutzbereich eingegriffen und der Anspruch des Grundrechtsträgers verkürzt. Der persönliche Schutzbereich bestimmt, wer Träger eines Grundrechts ist und daraus Ansprüche ableiten kann. Der sachliche Schutzbereich umfasst einerseits das Schutzobjekt – etwa eine »Meinung« oder (Art. 16 BV) die »Ehe« (Art. 14 BV) –, andererseits die Ansprüche, die aus einem Grundrecht abgeleitet werden können. Der Schutzbereich eines Grundrechts kann nicht abstrakt definiert; dessen Konturen werden von den Gerichten, vornehmlich durch das Bundesgericht, bestimmt.[77]

Gesetzlichen Grundlage

Damit ein staatliches Organ in ein Grundrecht eingreifen kann, muss eine gesetzliche Grundlage existieren. Die Norm muss generell-abstrakt und hinreichend bestimmt sein, damit sich der Bürger danach richten kann. Das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage wird aber in der Praxis relativiert. Nimmt die Polizei einen Menschen fest – sie greift damit in seine Bewegungsfreiheit ein –, so tut sie das auf Grundlage eines Realaktes. Er stützt sich aber auf eine Gesetzesbestimmung. Im konkreten Fall diente auch schon Art. 184 Abs. 3 BV als Grundlage für eine Grundrechtseinschränkung.[78]

Ob auch eine Verordnung als rechtliche Grundlage für einen Eingriff dienen kann, entscheidet sich nach der Schwere des Eingriffs. Verhaftungen, Telefonüberwachungen und andere schwerwiegende Freiheitseingriffe müssen auf Gesetzesstufe geregelt sein. Bei leichteren Eingriffen genügt nach dem Bundesgericht eine Verordnungsgrundlage, die jedoch auf einer Gesetzesdelegation beruht.[79]

Art. 36 Abs. 1 Satz 3 anerkennt aber, dass der Gesetzgeber unmöglich jede potentielle Bedrohung vorausschauend regeln kann. Die Exekutive ist bei schweren Störungen, die die öffentliche Ordnung unmittelbar bedrohen, ermächtigt, diese Gefahr auch ohne gesetzliche Grundlage zu beseitigen (polizeiliche Generalklausel, siehe Notrecht).[80]

Öffentliches Interesse und Grundrechte Dritter

Grundrechte dürfen eingeschränkt werden, wenn der Eingriff im öffentlichen Interesse ist. Dieses Kriterium ist erfüllt, wenn die staatliche Handlunh dazu dient, einer Aufgabe nachzukommen, die für die Gemeinschaft von Bedeutung ist. Zu diesen wichtigen Anliegen gehört zweifelsohne der Schutz von Polizeigütern (Leib und Leben, Eigentum). Nicht jedes öffentliche Interesse ist tauglich, jedes Grundrecht einzuschränken.[81] Das Bundesgericht schloss beispielsweise aus, dass eine Verwaltungsbehörde die Eigentumsgarantie aus wirtschaftspolitischen Gründen einschränkt, wohingegen polizeiliche zulässig seien.[82] Da der Begriff des öffentlichen Interesses weit gefasst ist, rügen Gerichte Grundrechtseinschränkungen selten wegen dieses Kriteriums.[83]

Nur weil eine Handlung im Interesse der Mehrheit liegt, besteht noch kein öffentliches Interesse. Regina Kiener ist beispielsweise der Ansicht, dass das «‹Sicherheitsgefühl der Bevölkerung› kein Interesse [darstelle], das eine Grundrechtseinschränkung zu tragen vermag.» Das öffentliche Interesse auf der einen und das individuelle auf der anderen Seite müssen gegeneinander abgewogen werden.[84]

Neben dem öffentlichen Interesse kann der Grundrechtsschutz Dritter ein hinreichender Grund sein, die Grundrechte des Einzelnen einzuschränken. Unzulässig ist jedoch, in die Grundrechte eines mündigen und handlungsfähigen Menschen mit dem Ziel einzugreifen, um ihn vor sich selbst zu schützen.[85]

Verhältnismässigkeit

Das öffentliche Interesse reicht als Grund noch nicht aus, um die Grundrechte zu verkürzen: Jedweder Grundrechtseingriff muss verhältnismässig sein. Die Verhältnismässigkeit misst sich am Verhältnis von Einschränkung und Wirkung. Sie ist nur gegeben, wenn folgende Kriterien gemeinsam erfüllt sind:[86]

  1. Eignung (Zwecktauglichkeit): Geeignet ist eine Massnahme dann, wenn sie ihren Zweck – das öffentliche Interesse oder den Grundrechtsschutz Dritter – erfüllt. Schwierigkeiten ergeben sich dann, wenn zu deren Wirksamkeit wenig bekannt ist (so während der COVID-19-Pandemie).
  2. Erforderlichkeit (Übermassverbot): Ist ein Eingriff nicht erforderlich, hat er zu unterbleiben. Die Erforderlichkeit ist auch dann nicht gegeben, wenn eine mildere Massnahme, die dieselbe Wirkung hat, gewählt werden könnte.
  3. Zumutbarkeit: Steht der Zweck des Eingriffs in einem vernünftigen Verhältnis zu dessen Schwere? Inbesondere ist zu prüfen, inwiefern das öffentliche Interesse das entgegenstehende Grundrechtsinteresse des Privaten überwiegt.

Die Verhältnismässigkeit sucht der staatlichen Macht Grenzen zu setzen, indem der Staat die Verhältnismässigkeit seines Handelns nachweisen muss, wenn Grundrechte berührt sind.[87]

Wahrung des Kerngehalts

Art. 36 Abs. 4 stellt eine rote Linie dar, die bei allem öffentlichen Interesse und bei aller Verhältnismässigkeit niemals überschritten werden darf. Der Kerngehalt eines Freiheitsrechts ist unantastbar. Die Bundesverfassung anerkennt damit, dass Schutzgehalte existieren, die von vornherein und generell, d. h. losgelöst von einem konkreten Einzelfall, abwägungsfest sind. Die rechtsanwenden Behörden werden durch das Bestehen von Kerngehalten bei schwierigen Abwägungen entlastet, da bestimmte Handlungen gar nie zulässig sein können. Die Kerngehaltsgarantie wird dort wichtig, wo die Verhältnismässigkeit versagt. Denn wenngleich die meisten Fälle illegaler Eingriffe durch die Verhältnismässigkeit abgefangen werden, erlangt die Kerngehaltsgarantie dort Bedeutung, wo eine Relativierung der Rechte nicht hinnehmbar ist. Deutlich wird das vor dem historischen Hintergrund von Art. 36 Abs. 4 BV, dessen Vorbild die Wesensgehaltsgarantie des deutschen Grundgesetzes ist. Dieser Grundsatz fand Einzug in das deutsche Verfassungsrecht als Reaktion auf die Gräuel, die im Dritten Reich verübt und mit dem «Führerwillen» oder dem «gesunden Volksempfinden» gerechtfertigt wurden.[88]

Der Begriff des Kerngehalts ist nicht näher definiert. Seine Bedeutung ergibt sich im Einzelfall in der Analyse einzelner Grundrechtsbestimmungen. Der Kerngehalt ist nicht deckungsgleich mit dem Schutzbereich, der eingeschränkt werden kann. Es ist auch nicht klar, dass jedes Grundrecht einen Kerngehalt besitzt. Beim Verbot der Todesstrafe, dem Folterverbot, dem Recht auf Hilfe in Notlagen und der Menschenwürde[89] fallen Schutzbereich und Kerngehalt zusammen; ihre Einschränkung ist daher in allen Fällen rechtswidrig. Kerngehalte ergeben sich auch aus dem Völkerrecht. Dazu zählen das zwingende Völkerrecht (z. B. Sklaverei- und Folterverbot) und die Nostandsfesten von EMRK (Art. 15) und UNO-Pakt II (Art. 4).[90]

Zum Teil wird in der Lehre die Auffassung vertreten, dass ebenfalls Recht auf Leben und das Zensurverbot an sich einen Kerngehalt darstellen und nicht eingeschränkt werden dürfen.[91] Beides wird aber relativiert. Unter bestimmten Voraussetzungen ist den Sicherheitskräften erlaubt, einem Menschen, von dem eine akute Gefahr für Leib und Leben Dritter ausgeht, das Leben zu nehmen (finaler Rettungsschuss). Dieser gravierende Eingriff ist unter Umständen verfassungsrechtlich zulässig.[92] Vorzensur, also die vorgängige Kontrolle durch Behörden, ist grundsätzlich untersagt, in gewissen Konstellationen (Vorkontrolle von Arzneimittelwerbung) jedoch erlaubt.[93]

Ob der Kerngehalt eines Grundrechts angetastet wurde, ist oft nicht leicht zu bestimmen. In der Konkretisierung grundrechtlicher Kerngehalte ist insbesondere die Menschenwürde wichtig, da sie das Fundamentale des menschlichen Daseins, jene Aspekte schützt, die nicht aufgegeben werden dürfen.[94] Art. 7 BV stellt daher die Grundlage aller Kerngehalte dar. Er kommt dann zu Anwendung, wenn ein entsprechend grundlegender Aspekt infrage gestellt, der aber nicht durch den Kerngehalt eines spezifischen Grundrechts abgedeckt wird. Die Menschenwürde fungiert als Auffangkerngehalt.[95]

Grundrechtskonflikte

Problemstellung

Das konstitutive Grundrechtsverständnis, insbesondere die Anerkennung von Schutzpflichten und der Ausbau der Drittwirkung, führte zu einer Ausweitung des grundrechtlichen Geltungsbereichs. Je grösser der Schutzbereich der Grundrechte ist, desto wahrscheinlicher wird eine Überlappung oder Kollision von grundrechtlichen Interessen. Denn ein legitimer Einschränkungsgrund ist der Grundrechtsschutz Dritter (Art. 36 Abs. 3 BV). Bei einer Grundrechtskollision machen verschiedene Rechtsträger ihre eigenen Rechte geltend, wobei sich das Recht des einen nicht vollständig verwirklichen lässt, ohne dass das Recht des anderen eingeschränkt wird.[96] Zu solchen Konflikten kann es im Investigativjournalismus kommen, wo die Medienfreiheit der Journalisten mit dem Recht auf Privatsphäre des Individuums kollidiert. Zu einem Grundrechtskonflikt kommt es immer zwischen Privaten (oder in selten Fällen juristischen Personen), da nur sie Grundrechtsträger sind.[97]

Lehre und Rechtsprechung anerkennen, dass Grundrechte keine direkte Drittwirkung entfalten. Das bedeutet, dass Private ihre Grundrechte ausüben können, ohne auf die diejenigen anderer Rücksicht nehmen zu müssen. Werden die Grundrecht des einen beeinträchtigt, kann dieser nicht direkt gegen den Störer vorgehen. Da dennoch ein Ausgleich der grundrechtlichen Interessen erforderlich ist, wird der Staat als Vermittler einbezogen. Das Opfer, dessen Grundrechte verletzt wurden, fordert staatlichen Schutz, während der Störer diesen staatlichen Schutz abzuwehren sucht. Bei weitem nicht jeder Grundrechtskonflikt wird jedoch durch staatliches Eingreifen gelöst; er überlässt die Frage dann der Privatautonomie.[98]

Zwingend geltende Vorränge

Bei der Lösung von Grundrechtskonflikten sind unbedingte Vorränge zu beachten. Kommt es zu einer Kollision, in der die Menschenwürdegarantie involviert ist, wird immer zugunsten der Menschenwürde entschieden. Sie gilt absolut, es darf keine Abwägung vorgenommen werden. Der zwingende Vorrang der Menschenwürde hat zur Folge, dass auch ganz gewichtige Gegengründe ausser Betracht bleiben müssen, was das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz zeigte. Der Bundestag hatte zuvor das Luftsicherheitsgesetz erlassen, in dem er den Sicherheitsbehörden das Recht einräumte, ein Flugzeug, das von Terroristen gekapert wurde und als Bombe missbraucht werden soll, abschiessen zu dürfen. Das Bundesverfassungsgericht hob das Gesetz auf, weil es gegen die Würde des Menschen verstosse. Die Passagiere würden ihrer Subjektqualität und damit ihres Menschseins beraubt.[99] In der Schweiz ist ein Flugzeugabschuss mit zivilen Passagieren als Ultima Ratio erlaubt (Art. 92a Abs. 3 Militärgesetz).[100]

Ausserhalb der Menschenwürdegarantie sind die grundrechtlichen Kerngehalte in gleicher Weise absolut geschützt und darum mit einem Vorrang in Konfliktfällen verbunden, der jede Abwägung mit gegenläufigen Grundrechten verbietet. Mit dieser Vorrangsregelung kann die Frage beantwortet werden, ob präventive Folter, um beispielsweise den Aufenthaltsort eines Sprengkörpers herauszufinden, zulässig ist. Da das Folterverbot (Art. 10 Abs. 3 BV) absolut gilt, ist wäre eine solche Massnahme illegal, obschon ein Attentäter erschossen werden darf, wenn er einen Sprengkörper zu zünden versucht.[101]

Praktische Konkordanz

In Fällen, in denen weder die Menschenwürde noch der Kerngehalt eines Grundrechts betroffen sind, muss ein Ausgleich der Grundrechtsinteressen gefunden werden (praktische Konkordanz). Es wird versucht, den Interessen aller Rechnung getragen. In einem Gerichtsverfahren muss ein Urteil gefällt werden und eine Partei unterliegt. Die praktische Konkordanz erteilt aber «Alles-oder-nichts-Lösungen» eine Absage; denn alle müssen Verkürzungen im Grundrechtsschutz hinnehmen. Bei der praktischen Konkordanz spielt daher die Verhältnismässigkeit eine wichtige Rolle. Das Bundesgericht anerkannte in seiner Rechtsprechung die praktische Konkordanz zur Lösung von Grundrechtskonflikten, da die Grundrechte untereinander allesamt gleichbedeutend seien und folglich keine Hierarchie existiere.[102] Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte strebt an, praktische Konkordanz herzustellen.[103] Er gesteht den Staaten jedoch in Fällen, in denen mehrere Grundrechte gegeneinander abgewogen werden, einen erheblichen Ermessensspielraum zu.[104]

Durchsetzung

Grundsatz

Die Grundrechte können nur dann effektiv verwirklicht werden, wenn sie in einem gerichtlichen Verfahren durchgesetzt werden können. Bei Verletzung von Grundrechten, die verfassungsmässige Rechte darstellen, besteht gemäss Art. 189 Abs. 1 BV die Möglichkeit einer Beschwerde an das Bundesgericht. Sie erfolgt mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten oder mittels Verfassungsbeschwerde. Zentral in diesem Kontext ist Art. 29a BV, der ein Recht auf richterliche Beurteilung einer Rechtsstreitigkeit verbrieft.

In erster Linie sind die kantonalen Gerichte, die in aller Regel über volle Zuständigkeit verfügen, für die Durchsetzung der Grundrechte zuständig. Zumeist überprüfen sie hierbei bei eine Beschwerde vorfrageweise, ob der angefochtene Akt grundrechtskonfrom ist. Auf Bundesebene sind die eidgenössischen Gerichte (Bundesstrafgericht, Bundespatentgericht, Bundesverwaltungsgericht, Bundesgericht), wobei dem Bundesgericht als höchstes Gericht eine besondere Rolle zukommt.[105]

Unzureichender Rechtsschutz

Art. 29a BV, der zu den Verfahrensgrundrechten zählt, ist ein Menschenrecht und steht damit rein theoretisch allen Menschen ungeachtet ihrer sozialen und aufenthaltsrechtlichen Situation zu. In der Realität verzichtet eine ganze Reihe von Gruppen auf die gerichtliche Durchsetzung ihrer Grundrechte, auch bei Verletzung elementarster Grundrechte wie das Recht auf sexuelle Integrität. Das trifft in erster Linie auf Personen zu, die keine gültige Aufenthaltsbewilligung haben (Sans-Papiers), denn sie befürchten, dass im Verlauf des Verfahrens ihr Aufenthaltsstatus erfasst und sie des Landes verwiesen werden. Ähnliches trifft auf ausländische Personen zu, die Opfer häuslicher Gewalt sind und deren Aufenthaltsstatus von demjenigen des Partners abhängt. Je nach Bewilligung ist eine ausländische Frau auf eine Ehe mit einem Schweizer angewiesen, um in der Schweiz leben zu dürfen.[106]

Für einen Rechtsstaat ist diese Situation unbefriedigend. Verzichten die Betroffenen Grundrechtsverletzunge darauf, die Justiz anzurufen, leidet nicht nur der individuelle (Grund-)Rechtsschutz. Es bleiben auch Rechtsverletzungen gegenüber besonders marginalisierten Menschen ungesühnt. Schliesslich bleibt die gerichtliche Klärung der Tragweite dieser Rechte aus. Sie ist für die Verwirklichung der Grundrechte umso wichtiger, wenn die Justiziabilität der infrage stehenden Grundrechte umstritten ist, wenn also unklar ist, inwiefern es sich bei diesen Grundrechten um direkt einklagbare oder programmatische handelt.[107] Relevant ist diese Frage bei völkerrechtlich garantierten Grundrechten, insbesondere bei jenen des UNO-Pakt I, dessen Grundrechte nur sehr eingeschränkt direkt anwendbar sind.[108] Die Grundrechte der Bundesverfassung sind hingegen alle justiziabel.

Dem Anliegen, dass niemand aufgrund fehlender finanzieller Mittel auf die Durchsetzung verzichtet, begegnet die Verfassung mit dem Recht auf unentgeltliche Rechtspflege und unentgeltlichen Rechtsbeistand (Art. 29 Abs. 3 BV).[107]

Beschränkte Verfassungsgerichtsbarkeit

Aus grundrechtlicher Sicht ist die beschränkte Verfassungsgerichtsbarkeit gegenüber Bundesgesetzen ein Problem, das jedoch in der Verfassung selbst (Art. 190) angelegt ist. Kantonale Gesetze können vor dem Bundesgericht umfassend auf Grundrechtskonformität überprüft werden, wohingegen grundrechtswidrige Bundesgesetze gleichwohl anzuwenden sind. Das verfassungsrechtliche Anwendungsgebot von Bundesgesetzen bedeutet indessen kein Prüfungsverbot. Das Bundesgericht nimmt hin und wieder eine Prüfung der Grundrechtskonformität vor und stellt gegebenenfalls eine Grundrechtsverletzung fest, die jedoch keine direkte rechtliche Wirkung entfaltet. Sie kann jedoch die Bundesversammlung anregen, das Gesetz zu überarbeiten.[109]

Ein Bundesgesetz ist nach ständiger Rechtsprechung[110] des Bundesgerichts nur dann nichtig – ihm wird die Anwendung versagt –, wenn es gegen justiziable, völkerrechtlich verbriefte Menschenrechte verstösst. Der Grund ist der prinzipielle Vorrang des Völkerrechts vor dem Landesrecht. Dieses Korrektiv ist indes unvollständig, denn erstens sind nicht alle Grundrechte völkerrechtlich garantiert, und zweitens hat die Schweiz nicht alle Verträge mit menschenrechtlichem Inhalt ratifiziert. Entsprechende Lücken bestehen vor allem bei der Rechtsgleichheit (Art. 8 Abs. 1 BV), dem Willkürverbot (Art. 9 BV), der Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) und der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV). Wegen dieser Mängel wird von Teilen der Rechtswissenschaft ein Ausbau der Verfassungsgerichtsbarkeit gefordert. Trotz aller Kontroverse kommt es selten vor, dass ein Bundesgesetz ein Grundrecht verletzt.[111]

Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Mit der Ratifikation der EMRK unterstellte sich die Schweiz der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Der EGMR ist die institutionelle Absicherung der Europäischen Menschenrechtskonvention. Er kann daher nur angerufen werden, wenn ein Grundrecht verletzt wurde, das durch die ERMK geschützt wird. Bevor eine Beschwerde vor dem EGRM geführt werden kann, muss der Instanzenzug innerhalb der Schweiz durchlaufen werden.[112] Erst wenn ein Grundrechtsträger mit dem Urteil des Bundesgerichts unzufrieden ist, steht der Weg an den EGMR offen. Angefochten wird das Urteil des Bundesgerichts.[113]

Der EGMR ist nicht befugt, das Urteil des Bundesgerichts aufzuheben. Er kann jedoch feststellen, dass es der EMRK widerspricht, und dem Beschwerdeführer Schadensersatz zusprechen. Nach Art. 46 EMRK sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, das endgültige Urteil des Gerichtshofs umzusetzen. Solche Urteile können für das Bundesgericht ein Grund sein, das vorangegangene Urteil zu revidieren. Daher kommt dem EGMR eine grosse Bedeutung in der europäischen Rechtsprechung zu, die mit jener eines Verfassungsgerichts vergleichbar ist.[114]

Der EGMR berät Klagen von Schweizer Bürgern überdurchschnittlich oft. Allein die Grosse Kammer – die Grosse Kammer ist das grösste Organ des EGMR und entscheidet über besonders weitreichende Fragen – urteilte von 2007 bis 2020 über zehn Beschwerden aus der Schweiz. Seit dem Jahr 1974 entschied der EGMR über 7472 Beschwerden gegen die Schweiz (Stand 2020). Allerdings erfolgte nur in 195 Fällen (ca. 2,6 % aller Fälle) ein inhaltliches Urteil; in ca. 115 der Fälle wurde eine Konventionsverletzung festgestellt. Auf die übrigen Beschwerden trat der EGMR nicht ein.[115]

Verhältnis zu den Strukturprinzipien der Verfassung

Grundrechte – Demokratie

Demokratie und Grundrechte sind einander verwoben und wirken positiv aufeinander. Der exzessive Gebrauch von Notrecht durch die Regierung gefährdet beispielsweise nicht nur den Rechtsstaat (und damit den Grundrechtsschutz), indem die Macht des Parlaments ausgehöhlt wird, sondern ebenso die Mitwirkungsrechte des Volkes.[116] Die demokratischen Rechte können nur dann verwirklicht werden, wenn sie umfassenden (gerichtlichen) Schutz erfahren. Eine Demokratie kann nicht funktionieren, ohne dass Kommunikationsgrundrechte gewährleistet werden. Die Meinungsfreiheit ermöglicht den Austausch unter den Stimmbürgern, von dem die Demokratie lebt.[117] Die Rechtsgleichheit ist die «festeste Stützung» der Schweizer Demokratie.[118] Die demokratischen Rechte können nur dann verwirklicht werden, wenn sie umfassenden (gerichtlichen) Schutz erfahren.[119] Allgemein läuft eine Demokratie, die keine Grundrechte anerkennt, die Gefahr, in eine Gewaltherrschaft zu verfallen.[120]

Abgesehen von der symbiotischen Wirkung stehen Grundrechte und Demokratie in einem Spannungsverhältnis: Die Grundrechte binden den demokratischen Gesetzgeber und schränken ihn in seiner Entscheidungsfreiheit ein. Im politischen System der Schweiz, das die unmittelbare Volkssouveränität betont, stösst die grundrechtliche Zügellung der demokratischen Mehrheit indes an gewisse Grenzen, die anderen Demokratien (Deutschland, USA) fremd sind. Die stärkste Ausprägung dessen findet sich in Art. 190 BV, der verlangt, dass auch grundrechtswidrige Bundesgesetze angewandt werden müsse. Dem Bundesgesetzgeber bleibt es überlassen, sich über die Grundrechte und Art. 35 BV, der deren Verwirklichung verlangt, hinwegzusetzen. Grundrechte bilden des Weiteren keine Schranke der Verfassungsrevision (mit Ausnahme des zwingenden Völkerrechts, siehe Art. 193 Abs. 2 BV), sodass auch über grundrechtswidrige Volksinitiativen abgestimmt werden muss. Die Praxis seit den 2000er zeigt, dass die Stimmbürger verschiedentlich Initiativen guthiessen, die entweder gegen Grundrechte in der Bundesverfassung oder völkerrechtlich verbriefte verstiessen, so etwa die Verwahrungs-, Ausschaffungs- oder Minarettverbots-Initiative.[121]

Grundrechte – Bundesstaatlichkeit

Der föderale Staatsaufbau stellt eine Herausforderung für die Grundrechte dar, insbesondere für deren rechtsgleiche Geltung und Verwirklichung. Es existiert zwar Rechtsgleichheit zwischen den Bürgern. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts besteht jedoch kein Anspruch auf föderalistische Gleichheit, d. h. Rechtsgleichheit über die Kantonsgrenzen hinweg.[122] Die Autonomie der Kantone, Recht selbst setzen und Bundesrecht an die vorherrschenden Bedingungen umsetzen zu können, kann problematische Folgen haben, wie das Polizeirecht (eine kantonale Kernkompetenz) zeigt. Zwischen den Kantonen existieren Unterschiede bei der gesetzlichen Grundlage für den Einsatz von polizeilichen Zwangsmitteln, obgleich sie unter Umständen tödlich wirken und damit die körperliche Integrität verletzen können. Je nach Kanton sind auch die Regelungen, wie streng Gefängnisbesuche überwacht werden, oder die Frage, wie viel Kontakt ein Häftling zur Aussenwelt haben darf, sehr unterschiedlich geregelt obwohl das Recht auf Leben, persönliche Freiheit, Verbot der grausamen und unmenschlichen Behandlung gleiche Geltung beanspruchen. Das sind Missstände, die aus rechtsstaatlicher Sicht untragbar sind.[123]

Gewisse Freiheitsrechte dienen dem Bundesstaat. Namentlich die Niederlassungsfreiheitintegriert integriert die Gliedstaaten (Kantone) in den Gesamtstaat und trägt somit zur Stabilität des Bundesstaates bei.[124]

Grundrechte – Sozialstaatlichkeit

Die Sozialstaatlichkeit ist der vierte tragende Grundwert in der Verfassung. Aus grundrechtlicher Sicht betrachtet, ist das soziale Element (im Vergleich zum demokratischen und föderalen) am schwächsten ausgeprägt; einklagbare soziale Grundrechte sind selten. Art. 41 BV (Sozialziele) verpflichtet Bund und Kantone, soziale Sicherheit und Gerechtigkeit bestmöglich zu verwirklichen.[125]

Fazit

„Im Ergebnis sind Demokratie, Föderalismus, Sozialstaatlichkeit und Grundrechtsschutz in ein Spannungsfeld versetzt, das Verfassung und Verfassungspraxis nicht zwingend zugunsten der Grundrechte auflösen. Dieser Befund steht in einem gewissen Widerspruch zur Bedeutung der Grundrechte als zentralste verfassungsrechtliche Gerechtigkeitsanliegen, die bei der Ausübung von Staatsaufgaben jederzeit zu beachten und in der längerfristigen Perspektive umfassend zu verwirklichen sind.“

Regina Kiener: Grundrechte in der Bundesverfassung[126]

Literatur

  • Regina Kiener, Walter Kälin, Judith Wyttenbach: Grundrechte. 3. Auflage. Stämpfli, Bern 2018, ISBN 978-3-7272-2037-1.
  • Pierre Tschannen: Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft (= Stämpflis Juristische Lehrbücher). Stämpfli, Bern 2021, ISBN 978-3-7272-8928-6.
  • Ulrich Häfelin, Walter Haller, Helen Keller, Daniela Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. Schulthess, Zürich 2020, ISBN 978-3-7255-8079-8, S. 57–306.
  • Giovanni Biaggini: BV Kommentar. Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft. 2. Auflage. Orell Füssli, Zürich 2017, ISBN 978-3-280-07320-9.
  • Oliver Diggelmann, Maya Hertig Randall, Benjamin Schindler (Hrsg.): Verfassungsrecht der Schweiz / Droit constitutionnel suisse. Schulthess, Zürich/Basel/Genf 2020, ISBN 978-3-7255-7996-9, S. 1167–1449 (Band II)

Belege

  1. Peter Saladin: Grundrechte im Wandel: Die Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts zu den Grundrechten in einer sich ändernden Umwelt. 2. Auflage. Stämpfli, Bern 1975, ISBN 3-7272-9624-0, S. 292 f.
  2. BGE 105 IA 330. S. 337 f., abgerufen am 21. Dezember 2023.
  3. Fritz Fleiner: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. Tübingen 1923, S. 318.
  4. Peter Saladin: Grundrechte im Wandel: Die Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts zu den Grundrechten in einer sich ändernden Umwelt. 2. Auflage. Stämpfli, Bern 1975, ISBN 3-7272-9624-0, S. 293.
  5. Andreas Kley: Geschichte des öffentlichen Rechts der Schweiz. 2. Auflage. Dike, Zürich 2015, ISBN 978-3-03751-705-5, S. 306 f.
  6. Hans Nawiaksy: Der Kreislauf der Entwicklung der Grundrechte. In: Individuum und Gemeinschaft. Festschrift zur Fünfzigjahrfeier der Handels-Hochschule St. Gallen. 1949, S. 433 f.
  7. Jörg Paul Müller: Entstehung und Entwicklung der Grundrechte in der Schweiz. In: Diggelmann/Hertig Randall/Schindler (Hrsg.): Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1180.
  8. Andreas Kley: Geschichte des öffentlichen Rechts der Schweiz. 2. Auflage. Dike, Zürich 2015, ISBN 978-3-03751-705-5, S. 312.
  9. Jörg Paul Müller: Verwirklichung der Grundrechte nach Art. 35 BV (= Kleine Schriften zum Recht). 1. Auflage. Stämpfli Verlag, Bern 2018, ISBN 978-3-7272-3395-1, S. 45, Fussnote 94.
  10. Peter Saladin: Grundrechte im Wandel: Die Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts zu den Grundrechten in einer sich ändernden Umwelt. 2. Auflage. Stämpfli, Bern 1975, ISBN 3-7272-9624-0, S. 295.
  11. Andreas Kley: Geschichte des öffentlichen Rechts der Schweiz. 2. Auflage. Dike, Zürich 2015, ISBN 978-3-03751-705-5, S. 305.
  12. BGE 111 II 245, S. 253 f.; bestätigt in BGE 120 V 312, S. 316 f.
  13. Peter Saladin: Die Funktion der Grundrechte in einer revidierten Verfassung. In: Zeitschrift für Schweizerisches Recht. 1968, S. 533 (Zitiert nach 'Andreas Kley: Geschichte des öffentlichen Rechts der Schweiz. 2015. 2. Auflage, S. 305).
  14. Jörg Paul Müller: Entstehung und Entwicklung der Grundrechte in der Schweiz. In: Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1185.
  15. Axel Tschentscher: Schutzpflichten. In: Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1319 f. (Nach der Philosophie Thomas Hobbes' soll der Staat von einem (all-)mächtigen Herrscher regiert werden, dem sich das Volk als Untertanen unterwirft. Hobbes sah darin das effektivste Mittel, die Menschen vor anderen böswilligen Menschen (Homo homini lupus) zu schützen. John Locke, dessen Staatstheorie in eine ganz andere Richtung als die hobbesianische geht, stellte den Schutz der Grundrechte in das Zentrum des staatlichen Handelns.).
  16. BGE 4 I 434. (PDF) In: servat.unibe.ch. Projektseite Axel Tschentschers, abgerufen am 24. November 2023.
  17. Jörg Paul Müller: Entstehung und Entwicklung der Grundrechte in der Schweiz. In: Verfassungsrecht der Schweiz. 2. Auflage. Band 2, 2020, ISBN 978-3-7255-7996-9, S. 1182 f.
  18. BGE 101 IV 1. Bundesgericht, abgerufen am 24. November 2023 (E.5).
  19. Jörg Paul Müller: Entstehung und Entwicklung der Grundrechte in der Schweiz. In: Verfassungsrecht der Schweiz. 2. Auflage. Band 2, 2020, ISBN 978-3-7255-7996-9, S. 1183 f.
  20. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. 2020, S. 102.
  21. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. 2020, S. 63.
  22. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. 2020, S. 63 f.
  23. Regina Kiener: Grundrechte in der Bundesverfassung. In: Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1216 f.
  24. Regina Kiener: Grundrechte in der BV. In: Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1200 f.
  25. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. 2020, S. 65–68.
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  27. BGE 121 I 196 E. 2d. Abgerufen am 15. September 2023.
  28. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. 2020, S. 65.
  29. Giovanni Biaggini: BV Kommentar: Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft. 2. Auflage. 2017, ISBN 978-3-280-07320-9, S. 135.
  30. Tschannen: Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft. 2021, S. 104
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  33. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrechts. 10. Auflage, 2020, S. 72; Biaggini: Verfassungsauslegung. In: Verfassungsrecht der Schweiz. 2020, S. 237; Eva Maria Belser: Einleitung. In: Basler Kommentar zur Bundesverfassung. 2015, S. 28.
  34. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. 2020, S. 62.
  35. Regina Kiener: Grundrechte in der BV. In: Verfassungsrecht der Schweiz. 2. Auflage. Band 2, 2020, ISBN 978-3-7255-7996-9, S. 1205.
  36. Auer/Malinverni/Hottelier: Droit constitutionnel suisse II. 2013. S. 693 ff., 699 ff. und 719 ff.
  37. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. 2020, S. 300.
  38. Eva Maria Belser, Thea Bächler: Das Grundrecht auf Sozialhilfe – Von der Notwendigkeit, ein ungeschriebenes Grundrecht anzuerkennen, das über das Recht auf Hilfe in Notlagen hinausgeht. In: Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht. September 2020, S. 463–488, hier S. 479.
  39. Pierre Tschannen: Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft. 5. Auflage. 2021, S. 110.
  40. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. 2020, S. 76 f.
  41. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. 2020, S. 77.
  42. Kiener/Kälin/Wyttenbach: Grundrechte. 2018, S. 47.
  43. BGE 138 I 274. Bundesgericht, abgerufen am 24. November 2023.
  44. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. 2020, S. 77 f.
  45. Für eine Grundrechtsbindung in diesen Fällen: Biaggini: BV Kommentar. 2017, Komm. Art 35, N 11. Dagegen: Tschannen: Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft. 2021, S. 123 f; Waldmann: Basler Kommentar zur BV. 2015, Komm. Art 35, N 25.
  46. Jörg Paul Müller: Entstehung und Entwicklung der Grundrechte in der Schweiz. In: Diggelmann/Hertig Randall/Schindler (Hrsg.): Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1182.
  47. Jörg Paul Müller: Verwirklichung der Grundrechte nach Art. 35 BV (= Kleine Schriften zum Recht). 1. Auflage. Stämpfli Verlag, Bern 2018, ISBN 978-3-7272-3395-1, S. 51.
  48. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. 2020, S. 74 f.
  49. Jörg Paul Müller, Walter Kälin, Stephan Mueller: Elemente einer schweizerischen Grundrechtstheorie. Stämpfli, Bern 1982, ISBN 3-7272-9450-7, S. 46 f.
  50. Pierre Tschannen: Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft. 5. Auflage. 2021, S. 108 f.
  51. Kiener/Kälin/Wyttenbach: Grundrechte. 3. Auflage. 2018, S. 32 f.
  52. Regina Kiener: Grundrechte in der BV. In: Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1209.
  53. Kiener/Kälin/Wyttenbach: Grundrechte. 3. Auflage. 2018, S. 33 f.
  54. Kiener/Kälin/Wyttenbach: Grundrechte. 3. Auflage. 2018, S. 31.
  55. Pierre Tschannen: Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft. 5. Auflage. 2021, S. 109.
  56. Regina Kiener: Grundrechte in der BV. In: Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1211.
  57. Kiener/Kälin/Wyttenbach: Grundrechte. 3. Auflage. 2018, S. 35.
  58. BGE 97 I 221. S. 230 f., abgerufen am 5. Januar 2024.
  59. BGE 143 I 147. Abgerufen am 5. Januar 2024.
  60. BGE 135 III 633. S. 639, abgerufen am 5. Januar 2024.
  61. Rainer J. Schweizer: Art. 35 BV. In: St. Galler Kommentar. 4. Auflage. Band 1, 2023, S. 1397 f.
  62. Axel Tschentscher: Schutzpflichten. In: Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1318.
  63. Axel Tschentscher: Schutzpflichten. In: Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1322 f.
  64. Axel Tschentscher: Schutzpflichten. In: Verfassungsrecht der Schweiz. 2. Auflage. Band 2, 2020, S. 1319.
  65. Jörg Paul Müller: Verwirklichung der Grundrechte nach Art. 35 BV (= Kleine Schriften zum Recht). 1. Auflage. Stämpfli Verlag, Bern 2018, ISBN 978-3-7272-3395-1, S. 127–130.
  66. Statt vieler Georg Müller: Handbuch der Grundrechte. Band VII/2, § 204, Rz. 42; Pascal Mahon: Droit constitutionnel suisse. Band II. 3. Auflage. 2015, S. 48, 49; Jörg Paul Müller: Verwirklichung der Grundrechte nach Art. 35 BV. 2018, S. 128 f; BGE 138 I 475, S. 481 f. («C'est en priorité la tâche de la législation spécifique de fixer quels sont les actes admissibles ou non et de délimiter les droits des particuliers impliqués. La question de l'étendue du devoir de protection des droits fondamentaux se confond ainsi avec celle de l'application correcte de la législation spécifique»)
  67. Axel Tschentscher: Schutzpflichten. In: Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1330 f.
  68. Rainer J. Schweizer: Art. 35 BV. In: St. Galler Kommentar. 4. Auflage. Band 1, 2023, S. 1417.
  69. Häfelin, Haller et al.: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 2020, S. 79; J.P. Müller: Verwirklichung der Grundrechte nach Art. 35 BV. 2018, 127; Biaggini: BV Kommentar. 2017, S. 435.
  70. BGE 107 Ia 277, S. 280; BGE 114 Ia 329, S. 331; BGE 143 I 217, S. 218 f. (Zusammenfassend hält das Gericht fest: «Die – wenn nicht unmittelbare, so doch zumindest mittelbare – Anwendung von verfassungsrechtlichen Regelungen auf die Beziehungen von Privaten ist nicht ausgeschlossen […]. Die Anerkennung einer solchen «Horizontalwirkung» von Grundrechten ändert indes nichts daran, dass sich die Beziehungen zwischen Privaten unmittelbar und allein aufgrund der Gesetze des Zivil- und Strafrechts beurteilen.»)
  71. Rainer J. Schweizer: Art. 35 BV. In: St. Galler Kommentar. 4. Auflage. Band 1, 2023, S. 1420.
  72. BGE 125 III 368. Abgerufen am 24. November 2023 (E.2).
  73. Rainer J. Schweizer: Art. 35 BV. In: St. Galler Kommentar. 4. Auflage. Band 1, 2023, S. 1420–1425.
  74. Pierre Tschannen: Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft. 5. Auflage. 2021, S. 137.
  75. Pierre Tschannen: Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft. 5. Auflage. 2021, S. 140–142.
  76. Rainer J. Schweizer/Alina Krebs: Art. 36 BV. In: St. Galler Kommentar. 4. Auflage. Band 1. Schulthess/Dike, 2023, S. 1434.
  77. Regina Kiener: Grundrechtsschranken. In: Verfassungsrecht der Schweiz. 2. Auflage. Band 2. Schulthess, Zürich/Basel/Genf 2020, ISBN 978-3-7255-7996-9, S. 1306.
  78. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. 2020, S. 90 f.
  79. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. 2020, S. 91 f.
  80. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. 2020, S. 93.
  81. Regina Kiener: Grundrechtsschranken. In: Verfassungsrecht der Schweiz. 2. Auflage. Band 2. Schulthess, Zürich/Basel/Genf 2020, ISBN 978-3-7255-7996-9, S. 1311 f.
  82. BGE 109 IA 33. In: bger.ch. S. 36 f., abgerufen am 15. Dezember 2023.
  83. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. 2020, S. 94.
  84. Regina Kiener: Grundrechtsschranken. In: Verfassungsrecht der Schweiz. 2. Auflage. Band 2. Schulthess, Zürich/Basel/Genf 2020, ISBN 978-3-7255-7996-9, S. 1312 f.
  85. Giovanni Biaggini: BV Kommentar: Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (= Orell Füssli Kommentar (OFK)). 2. Auflage. Orell Füssli Verlag, Zürich 2017, ISBN 978-3-280-07320-9, S. 447.
  86. Rainer J. Schweizer, Alina Krebs: Art. 36 BV. In: St. Galler Kommentar. 4. Auflage. Band 1, 2023, S. 1458 f.
  87. Bernhard Rütsche: Verhältnismässigkeitsprinzip. In: Verfassungsrecht der Schweiz. 2. Auflage. Band 2, 2020, S. 1057.
  88. Regina Kiener: Grundrechtsschranken. In: Verfassungsrecht der Schweiz. 2. Auflage. Band 2. Schulthess, Zürich/Basel/Genf 2020, ISBN 978-3-7255-7996-9, S. 1314 f.
  89. Kiener/Kälin/Wyttenbach: Grundrechte. 3. Auflage. 2018, S. 131.
  90. Pierre Tschannen: Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft. 5. Auflage. 2021, S. 148.
  91. Giovanni Biaggini: BV Kommentar: Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (= Orell Füssli Kommentar (OFK)). 2. Auflage. Orell Füssli Verlag, Zürich 2017, ISBN 978-3-280-07320-9, S. 449 f.
  92. Giovanni Biaggini: BV Kommentar: Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (= Orell Füssli Kommentar (OFK)). 2. Auflage. Orell Füssli Verlag, Zürich 2017, ISBN 978-3-280-07320-9, S. 179 f.
  93. Christoph Erass, David Rechsteiner: Art. 17 BV. In: St. Galler Kommentar. 4. Auflage. Band 1. Schulthess/Dike, 2023, S. 889.
  94. Markus Schefer: Die Kerngehalte von Grundrechten: Geltung, Dogmatik, inhaltliche Ausgestaltung. Stämpfli, Bern 2001, ISBN 3-7272-9661-5, S. 16 f.
  95. Markus Schefer: Die Kerngehalte von Grundrechten: Geltung, Dogmatik, inhaltliche Ausgestaltung. Stämpfli, Bern 2001, ISBN 3-7272-9661-5, S. 21.
  96. Axel Tschentscher: Grundrechtskonflikte. In: Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1345 f.
  97. Jörg Paul Müller: Verwirklichung der Grundrechte nach Art. 35 BV (= Kleine Schriften zum Recht). 1. Auflage. Stämpfli Verlag, Bern 2018, ISBN 978-3-7272-3395-1, S. 133 ff.
  98. Céline Martin: Grundrechtskollisionen (= Basler Studien zur Rechtswissenschaft. Band 76). Helbing Lichtenhahn, Basel 2007, ISBN 978-3-7190-2673-8, S. 3 f.
  99. BVerfGE 115, 118 (N 121 f.)
  100. Reto Patrick, Hansjörg Meyer: Art. 58 BV. In: St. Galler Kommentar. 4. Auflage. Band 1, 2023, S. 1931.
  101. Axel Tschentscher: Grundrechtskonflikte. In: Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1349 f.
  102. BGE 139 I 16, E. 4.2.2 S. 24 (m.w.H); BGE 137 I 167, E. 3.7 S. 176, BGE 140 I 201 E. 6.7 S. 213
  103. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. 2020, S. 95 f.
  104. Von Hannover v. Deutschland (Nr. 2), EGMR vom 7. Februar 2012 (Grosse Kammer), no. 40 660/08 und 60 641/08, §§ 104 ff
  105. Rainer J. Schweizer: Art. 35 BV. In: St. Galler Kommentar. 4. Auflage. Band 1, 2023, S. 1403 f.
  106. Regina Kiener: Grundrechte in der Bundesverfassung. In: Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1214.
  107. Regina Kiener: Grundrechte in der Bundesverfassung. In: Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1214 f.
  108. Jörg Künzli: Internationaler Menschenrechtsschutz und die Schweiz. In: Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1261 f.
  109. Regina Kiener: Grundrechte in der Bundesverfassung. In: Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1215.
  110. BGE 125 II 417. 1999, S. 425 f., abgerufen am 30. Dezember 2023.
  111. Regina Kiener: Grundrechte in der Bundesverfassung. In: Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1216.
  112. Der EGMR verlangt hierbei ein gewisses Mass an Flexibilität und spricht sich gegen excessive formalism aus: GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus v. Switzerland (Application no. 18597/13), Rz. 25
  113. BGE 139 I 16. S. 29 f., abgerufen am 20. Januar 2024.
  114. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. 2020, S. 67 f.
  115. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. 2020, S. 65–67.
  116. Benjamin Schindler: Die schweizerische Bundesverfassung: St. Galler Kommentar. 4. Auflage. Band 1, 2023, ISBN 978-3-03891-222-4, S. 213 f.
  117. Markus Schefer: Kommunikationsgrundrechte. In: Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1414 f.
  118. Fritz Fleiner: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. Tübingen 1923, S. 18.
  119. Benjamin Schindler: Art. 5 BV. In: Die schweizerische Bundesverfassung: St. Galler Kommentar. 4. Auflage. Band 1, 2023, S. 214.
  120. Jörg Paul Müller, Giovanni Biaggini: Die Verfassungsidee angesichts der Gefahr eines Demokratieabsolutismus. In: Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht. Mai 2015, S. 236 f.
  121. Regina Kiener: Grundrechte in der Bundesverfassung. In: Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1219.
  122. BGE 138 I 321, S. 329 («Die Rechtsgleichheit bezieht sich nur auf den Zuständigkeitsbereich ein und derselben Behörde»); BGE 125 I 173, S. 179; BGE 133 I 249, E. S. 255 (französisch)
  123. Regina Kiener: Grundrechte in der Bundesverfassung. In: Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1219 f.
  124. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. 2020, S. 72.
  125. Regina Kiener: Grundrechte in der Bundesverfassung. In: Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1221.
  126. Regina Kiener: Grundrechte in der Bundesverfassung. In: Verfassungsrecht der Schweiz. Band 2, 2020, S. 1221.

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