Jenő Konrád

Jenő Konrád, auch bekannt als Konrád I‚ (* 13. August 1894 in Palánka, Österreich-Ungarn; † 15. Juli 1978 in New York, Vereinigte Staaten) war ein ungarischer Fußballspieler und -trainer.

Jenő Konrád
Personalia
Geburtstag 13. August 1894
Geburtsort Palánka, Österreich-Ungarn
Sterbedatum 15. Juli 1978
Sterbeort New York, Vereinigte Staaten
Position Mittelläufer
Junioren
Jahre Station
Budapesti AK
Herren
Jahre Station Spiele (Tore)1
1911/12–1915 MTK Budapest
1918/19 MTK Budapest
1919–1924 Wiener Amateur SV
1924–1925 First Vienna FC 1894
Nationalmannschaft
Jahre Auswahl Spiele (Tore)
1915 Ungarn 1 (0)
Stationen als Trainer
Jahre Station
1925–1926 Wiener Amateur SV
1926 SC Wacker Wien
1927 Chinezul Timișoara
1927–1929 Wiener AC
1929–1930 SC Hakoah Wien
1930–1932 1. FC Nürnberg
1932–1933 Ripensia Timișoara
1933–1934 SK Židenice
1935–1936 FK Austria Wien
1936–1938 US Triestina
1938–1939 Olympique Lillois
1939–1940 Sporting Lissabon
1 Angegeben sind nur Ligaspiele.

Spielerkarriere

Konrád spielte auf der Position des Mittelläufers und galt als ausgezeichneter Techniker und Spielgestalter, jedoch wurde ihm manchmal auch mangelnde Lauffreude vorgeworfen.

Er begann mit dem organisierten Fußballspiel im Alter von 14 Jahren, als er dem Budapesti AK beitrat, mit 17 Jahren wechselte er zum MTK Budapest, wo er in der Saison 1911/12 sein Debüt in der Kampfmannschaft gab. Nach zwei Vizemeistertiteln hinter dem Ferencvárosi Torna Club konnte 1914 der Meistertitel geholt werden. Im selben Jahr stieß auch Konráds jüngerer Bruder Kálmán (Konrád II) zum Verein.

Mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges rückte Konrád I beim Militär ein, wo er es bis zum Offizier brachte. Dies hinderte ihn jedoch nicht daran, an den beiden inoffiziellen Meisterschaftsbewerben des Jahres 1915 teilzunehmen, wovon der MTK die Herbstmeisterschaft gewinnen konnte. Im Mai desselben Jahres erhielt er auch seine erste Einberufung in die Nationalmannschaft, wo er beim 2:1-Sieg gegen Österreich eingesetzt wurde, dies sollte jedoch sein einziges Spiel für Ungarn bleiben. Konrád geriet 1917 in russische Kriegsgefangenschaft, mit der Russischen Revolution verschlechterte sich die Situation im Lager auch für den Ungarn, aus einem Gefangenenlager in Sibirien gelang ihm Berichten zufolge die Flucht. Zur Saison 1918/19 kehrte Konrád I zum Verein zurück, der mittlerweile unter der sportlichen Leitung von Jimmy Hogan stand. Der Engländer hatte eine spielstarke Mannschaft zusammengestellt, die den ungarischen Fußball bis Mitte der 1920er Jahre dominieren sollte. Die Brüder Konrád spielten gemeinsam in einem Team mit György Orth, József Braun und Alfréd Schaffer und konnten 1919 den Meistertitel erreichen.

Als Folge der politischen Unruhen, die in Ungarn nach Ende des Krieges herrschten, nutzte eine Reihe von ungarischen Spielern die Möglichkeit, bei ausländischen Vereinen unterzukommen. Dem damaligen sportlichen Leiter des Wiener Amateur SV Hugo Meisl gelang es, die Brüder Konrád nach Wien zu lotsen, Konrád erhielt als Anreiz für den Vereinswechsel eine Jahreskarte für die Wiener Börse. Die Konráds spielten in der Herbstrunde für die Ober-Sankt Veiter, jedoch führte der ungarische Verband zu dieser Zeit eine heftige Auseinandersetzung mit dem österreichischen, da die meisten in Wien tätigen Spieler aus Budapest ohne Freigabe ihrer jeweiligen Heimatvereine tätig waren. Mit Jahresende 1919 wurde diesen Spielern auf Drängen der Ungarn die Spielerlaubnis in Wien entzogen, davon betroffen waren neben den Konráds unter anderem auch Ferenc Plattkó und Alexander Neufeld. Erst im Frühjahr 1920 erhielten die Spieler schließlich die Freigabe und Spielberechtigung.

Die beiden Ungarn waren bei den Amateuren von Anfang an erfolgreich und waren auch – gemeinsam mit dem später zur Mannschaft stoßenden Schaffer – wesentlich an der Entwicklung des Spielstils der Violetten beteiligt. Als erster Titel konnte 1921 der österreichische Cup geholt werden, 1924 folgten der erste Meistertitel der Klubgeschichte und ein weiterer Cupsieg. Danach wurde in Österreich der Berufsfußball auch offiziell eingeführt und die Brüder Konrád versuchten, ein möglichst lukratives Engagement zu erlangen. Nach mehrmonatiger Unklarheit unterschrieben die beiden schließlich bei der Vienna, wobei in der Presse ein Handgeld von 90 Millionen Kronen kolportiert wurde. Konrád zog sich 1925 jedoch eine schwere Meniskusverletzung zu, die seine aktive Karriere beenden sollte.

Trainerkarriere

Nachdem sein Bruder nach einer Saison bei der Vienna wieder zu seinem vormaligen Verein zurückgekehrt war, übernahm Konrád das Training der Amateure und führte sie 1926 zum zweiten Double. Danach war er ein halbes Jahr beim SC Wacker Wien und übernahm Anfang des Jahres 1927 den rumänischen Spitzenverein Chinezul Timișoara mit denen er zu Saisonende die Meisterschaft gewann. Nach finanziellen Schwierigkeiten verließ Konrád den Verein und übernahm den Wiener AC, nach zwei Jahren betreute er 1929 den SC Hakoah Wien. Anschließend wurde er Trainer des 1. FC Nürnberg, den er zwei Jahre später ins Halbfinale um die deutsche Meisterschaft führte, in dem man dem FC Bayern München unterlag. Die nationalsozialistische Zeitung Der Stürmer führte eine Hetzkampagne gegen den jüdischen Trainer und erreichte, dass Konrád zum Bedauern seines Vereins Nürnberg verließ. Der Vorstandsschaft unter Präsident Müller und FCN-Spieler Hans Kalb, ein enger Freund der Familie Konrád, versuchten erfolglos den Ungarn zum Bleiben zu überreden. Konrád der mit seiner Familie in der Nacht zum 06. August mit dem Nachtzug nach Wien floh übergab am Nürnberger Hauptbahnhof eine signierte Autogrammkarte von sich mit dem Schriftzug "Der Club war der Erste und muss der Erste werden" an den Club-Präsidenten. Das Zitat wird 80 Jahre später durch die Nordkurve Nürnberg und deren Ultras zur Erinnerungskultur an den vertriebenen Trainer und zum allgegenwärtigen Motto des Club.

Er kehrte nach Rumänien zurück, wo er Ripensia Timișoara zur Meisterschaft 1932/33 führte. Aus Wien wechselte auf das Drängen des Ungarn auch Pavel Kardos nach Timișoara, dieser assistierte Konrád und fungierte als Fitnesstrainer. Neben einer Villa bezog Konrád laut rumänischen Presseberichten ein Jahresgehalt von 180.000 Lei, in dessen Anwesen wohnte demnach wohl auch sein Bruder Kalman der im Verein allerdings keine Tätigkeiten übernommen hatte. In der Winterpause tourte der Verein durch Frankreich, bei einem Testspiel gegen die Französische Marine stand es nach 75 Minuten überraschend 1:1 – Ripensia gewann letztendlich mit 12:1. Dadurch erfuhr Konrád eine große internationale mediale Aufmerksamkeit. An Pfingsten tourte die Mannschaft durch die Niederlage, unter anderem konnte man dort ein 3:3-Unentschieden gegen Ajax Amsterdam, zur damaligen Zeit eines der erfolgreichsten europäischen Mannschaften, erreichen. Nach der Spielzeit lag Konrád ein Angebot der Uruguayische Fußballnationalmannschaft vor das er ablehnte, da der Verband den jüdischen Trainer aufforderte zum Katholizismus zu konvertieren. Als im Sommer sein Bruder Kalman Slavia Prag übernahm - wechselte auch Jenö in die Tschechoslowakei und wurde Trainer der erst aufgestiegenen Mannschaft vom SK Židenice in Brünn. Zudem nahm der einstige Weltstar den Spieler Ladislau Raffinsky mit zu Zbrojovka, in der vorigen Saison erzielte der Mittelläufer elf Tore und trug so maßgeblich zum Meistergewinn bei. In der ersten Spielzeit in Brünn gelang der Klassenerhalt, die Hinrunde der Saison 1934/35 schloss die Mannschaft auf den 3. Platz ab und Konrád wechselte im November 1934 zur Austria nach Wien zurück und führte den Verein vom letzten Tabellenplatz über den ÖFB-Cupsieg in den Mitropacup. 1936 wechselte er nach Italien, coachte die US Triestina in der Serie A und stellte mit einem sechsten Platz das beste Vereinsergebnis ein. Trotzdem musste er 1938 auf Grund der von den Faschisten erlassenen italienischen Rassengesetze (leggi razziali) den Verein und Italien verlassen. Die Familie Konrád waren die ersten Juden aus Triest die geflohen waren.

Konrád flüchtete nach Paris und lehnte ein Angebot des FC Metz ab. Er übernahm den Trainerposten beim Olympique Lillois und erreichte das Finale des französischen Cups, das allerdings gegen Racing Paris verloren wurde. Anschließend wollte der Verein aufgrund seines religiösen Glaubens seinen Vertrag nicht verlängern. Konráds letzte Station in Europa war Sporting Lissabon, die er in der Saison 1939/40 betreut hatte und den 2. Platz hinter dem FC Porto erreichte. Im Mai 1940 landete Konrád schließlich nach 15-tätiger Überfahrt mit dem Frachtschiff "San Miguel" in New York. Dort war er nicht mehr im Fußball tätig.

Persönliches

In den USA arbeitete Konrád als Masseur, später übte er eine Tätigkeit in einer Nähmaschinenfabrik aus und eröffnete später ein Gardinengeschäft, nebenbei entdeckte Konrád für sich die ur-amerikanische Sportart Baseball.

Von 1928 bis 1932 war Konrád in Berlin Besitzer eines Kinos, das bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten sein Bruder Kálmán weiterführte. Die „Konrád-Zwillinge“ genossen hohes gesellschaftliches Ansehen und unterhielten beispielsweise eine freundschaftliche Beziehung zu Roland Graf von Faber-Castell. Die Brüder spekulierten zu dem an der Börse und galten als „unzertrennlich“.

Konrád galt als belesen und sprach fünf Sprachen. Er starb am 15. Juli 1978 in New York im Alter von 82 Jahren nach einem Herzinfarkt.

Erinnerung

  • Am 17. November 2012 erinnerten die Gruppierungen von Ultras Nürnberg 1994 und Banda di Amici mit einer Choreografie vor dem Spiel gegen den FC Bayern München an ihren ehemaligen Trainer Jenő Konrád. Die Choreografie überzog die gesamte Nordkurve, zeigte sein Konterfei und zitiert seine signierte Autogrammkarte die er Club-Präsident Müller im August 1932 überreichte: „Der Club war der Erste und muss der Erste werden“.[1]
  • Am 22. Januar 2013 verlieh Manager Martin Bader Jenő Konrád posthum die Ehrenmitgliedschaft, nahm den Aufnahmeantrag seiner Tochter Evelyn entgegen und annullierte symbolisch alle Vereinsausschlüsse nach dem 1933 erlassenen NS-„Arierparagraphen“.[2]
  • Am 26. Juni 2022 verlegte Gunter Demnig zwei Stolpersteine zum Gedenken an Jenő Konrád in Nürnberg, einen vor dem Max-Morlock-Stadion und einem vor seinem früheren Wohnhaus.[3]

Erfolge

Literatur

  • Werner Skrentny: Von Serbien nach New York, von Budapest nach Stockholm: die Odyssee der „Konrad-Zwillinge“. In: Dieter Schulze-Marmeling (Hrsg.): Davidstern und Lederball. Die Werkstatt, Göttingen 2003, ISBN 3-89533-407-3.

Einzelnachweise

  1. Nürnberger Ultras erinnern an Jenö Konrad. 1. FC Nürnberg, 19. November 2012, abgerufen am 21. November 2012.
  2. Die Ultras des 1. FC Nürnberg haben beharrlich die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit ihres Klubs angestoßen
  3. Stolpersteine für ehemaligen jüdischen Clubtrainer Jenö Konrad. 27. Juni 2022, abgerufen am 7. November 2022.
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