Konstatieruhr
Konstatieruhr oder Konstatierapparat (lat. constat: „es steht fest“) wird eine Spezialuhr genannt, die im Brieftaubensport dazu verwendet wird, die Ankunftszeiten der von einem Wettflug heimkehrenden Brieftauben manipulationssicher festzuhalten (zu „konstatieren“).

Funktionsweise

Die Konstatieruhr besteht aus einem mechanischen oder quarzbetriebenen Uhrwerk, einem „Schlagwerk“, das die Ankunftszeiten auf einem Papierstreifen abstempelt, und einer „Konstatiertrommel“ mit bis zu 30 Fächern zur Aufnahme der Gummiringe, die den Tauben vor dem Wettflug angelegt und deren Nummern den Ringnummern der Fußringe, mit denen jede Brieftaube individuell gekennzeichnet ist, zugeordnet wurden.
Nach Ankunft einer Taube wird ihr der mitgebrachte Gummiring abgenommen und durch die „Konstatieröffnung“ in die verplombte Konstatieruhr eingeworfen. Bei älteren Konstatieruhr-Modellen musste der Gummiring zuvor noch in eine „Konstatierhülse“ gesteckt werden. Durch Drehen des „Konstatierschlüssels“ wird das Fach mit dem eingeworfenen Gummiring verschlossen, die Trommel weitergedreht, das nächste Fach der Konstatiertrommel geöffnet und das Schlagwerk ausgelöst, das den Zeitpunkt des „Abschlags“ sekundengenau auf einem Papierstreifen festhält.
Geschichtliche Entwicklung
Belgien war das Mutterland des Taubensports. 1876 ließ sich Gustav Vasse in Belgien und Frankreich ein Patent über ein Gerät zur Bestimmung der Ankunftszeit von Tauben bei Wettflügen ausstellen. Die Taube wurde in einen Kasten gesetzt. Wurde der Katendeckel geschlossen, blieb die mit dem Kasten verbundene Uhr stehen. Diese Konstatieruhr setzte sich aber nicht durch. In den Jahren 1879 bis 1885 wurden von verschiedenen belgischen Erfindern Konstatier-Apparate entwickelt und Patente angemeldet. Die erste praktische Taubenuhr, bei der die Ankunftszeit der Taube in ein Papierband gestochen wurde, war 1885 eine Erfindung von Emeri Vandenbossche aus Oudenaarde (BE). Erfinder aus Belgien waren Vorreiter bei der Entwicklung von Konstatieruhren.
Im deutschsprachigen Raum ist die Erfindung von Anton Dimmel und Ignaz Weiss aus Wien im Jahr 1890 durch einen Muster- und Modellschutz-Eintrag belegt. Aus dem Jahr 1891 stammt das Patent einer Konstatieruhr von Carl Weiß aus Straßburg. Mit der Verbreiterung der Taubenzucht für Wettflüge in Deutschland wurde auch eine Vielzahl von Taubenuhren erfunden und gebaut.
Die Uhrenfabriken in Schwenningen a.N. waren die ersten Hersteller in Deutschland die Konstatieruhren nicht mehr manufakturmäßig, sondern industriell herstellten. Die erste Konstatieruhr In Schwenningen wurde 1889 in der Württembergischen Uhrenfabrik Bürk gefertigt. Es war eine Auftragsproduktion für den belgischen Erfinder Lejeune aus Ensival (BE) und für den belgischen Markt bestimmt. Jakob Schlenker entwickelte 1896 seine erste Taubenuhr als Kartenappparat, mit der er den ersten Preis eines Wettbewerbs des „Verbandes Deutscher Brieftaubenliebhabervereine“ gewann. J. Schlenker-Grusen fertigte über nahezu 70 Jahre Taubenuhren unter dem Markennamen ISGUS. Der erste Nachweis für die Fertigung von Taubenuhren bei der Fa. Friedrich Ernst Benzing datiert aus dem Jahr 1901. Schon mit der ersten Uhr legte Benzing den konstruktiven Grundstein für seine Taubenuhren. Das „Benzing-Prinzip“ setzte sich auf dem Markt durch und wurde häufig kopiert. Alle Benzing-Uhren, bis in die 80er Jahre hinein, waren Druckergeräte mit der Stempelung auf Papierband.
Seit 1993 wurden herkömmliche Konstatieruhren immer mehr durch elektronische Konstatiersysteme ersetzt, bei denen die Erfassung der Fußringnummern und der Ankunftszeiten mittels Chip-Ringen und Sensorantennen erfolgt.
Konstatieruhr-Modelle
- Holzkasten-Brieftaubenuhr (Benzing) um 1926, mechanisches Uhrwerk, analoger Stempeldruck, bis zu 30 Konstatierungen
- Brieftaubenuhr „Comatic“ (Benzing) um 1957, mechanisches Uhrwerk, numerischer Stempeldruck, bis zu 25 Konstatierungen
- Quarz-Brieftaubenuhr (Benzing) um 1971, Quarz-Uhrwerk, analoger Stempeldruck, bis zu 30 Konstatierungen
- Brieftaubenuhr „Paloma“ (Benzing) um 1983, Quarz-Uhrwerk, digitaler Stempeldruck, bis zu 30 Konstatierungen