North American Charging Standard
Der North American Charging Standard, wörtlich nordamerikanischer Ladestandard, kurz NACS, ist ein Standard für den Anschluss von Elektroautos an Schnellladestationen.


Der Standard wird seit 2012 vom US-amerikanischen Unternehmen Tesla für ihre Elektroautomodelle und ihre Ladestationen Tesla Supercharger in den Vereinigten Staaten eingesetzt. Die Steckverbindung war ursprünglich eine proprietäre Entwicklung. Nach der Öffnung der Ladestationen für Fremdmarken entwickelte sich das System auf dem nordamerikanischen Markt zum De-facto-Standard. Im November 2022 veröffentlichte Tesla die Spezifikation und ab 2023 wurde der Industriestandard von anderen Unternehmen für Fahrzeuge und Ladestationen eingesetzt. Die herstellerübergreifende Normierung begann im Juli 2023 unter SAE J3400.
Geschichte
Das Unternehmen Tesla begann 2012 mit der Errichtung ihrer Ladestationen unter dem Namen „Tesla Supercharger“. Statt der japanischen CHAdeMO-Steckverbindung fürs Laden mit Gleichstrom entschloss sich Tesla, eine eigene Steckverbindung zu schaffen. Über die gleiche Buchse am Fahrzeuge kann dabei über Adapter auch mit Wechselstrom geladen werden.
In Europa wurde der Tesla-Stecker an den Superchargern nicht eingesetzt, da die EU-Gesetzgebung auf das Combined Charging System (CCS) normiert hat. Auch die Tesla-Fahrzeuge wurden hier mit dem Combo-2-Steckkontakt ausgerüstet, der ebenso das Laden mit Gleich- und Wechselstrom unterstützt.
Bis 2020 waren die Tesla Schnellladestationen ausschließlich für die Benutzung durch Fahrzeuge der eigenen Marke eingeschränkt. Ab November 2021 begann Tesla Schritt für Schritt mit der Öffnung für Fremdmarken. Die Freischaltung und die Bezahlung erfolgen für Nicht-Tesla-Fahrzeuge durch eine Smartphone-App (im Gegensatz zum „Plug&Charge“-Prinzip, das bei Tesla-Fahrzeugen gilt), da Kartenleser und ähnliche Vorrichtungen nicht vorgesehen waren.
Die amerikanische Regierung begann ab 2022 damit, die Errichtung von Schnellladestationen zu fördern (7,5 Milliarden Dollar für 500.000 Ladepunkte).[1] Um davon zu profitieren ist jedoch ein standardisierter Ladestecker verpflichtend. Tesla reagierte darauf und begann ab 2023 an neuen Superchargern in Nordamerika zusätzlich CCS-Stecker zu installieren, die sogenannten „Magic Dock“.[2] Außerdem veröffentlichte Tesla im November 2022 die Spezifikation der bisher proprietären Ladeverbindung, und bot diesen zur freien Lizenzierung und möglichen weiteren Standardisierung an.[3]
Die Tesla Supercharger entwickelten nach der Öffnung eine dominierende Stellung beim Schnellladen. Neben der Menge der Ladepunkte spielte auch die Verfügbarkeit[Hinweis 1] und Einfachheit der Freischaltung ein Rolle.[Hinweis 2] Ende Mai 2023 gab Ford bekannt, ab 2025 den Ladeanschluss von Tesla alias NACS in den Fahrzeugen zu verbauen.[4] Zwei Wochen später gab auch General Motors bekannt, das NACS Steckerdesign ab 2025 zu integrieren.[5] Zu diesem Zeitpunkt lag das Verhältnis NACS zu CCS in Nordamerikas Schnellladelandschaft bereits bei 60 zu 40 Prozent.[5] GM und Ford gaben an, die Supercharger in ihre Software zur Planung der Ladestopps ab 2024 zu integrieren.
Die Normierung begann im Juni 2023 und wurde im Juli unter SAE J3400 gelistet. Das Ziel dieser Bemühungen ist, die Bezahlfunktion und andere Vehicle-To-Grid-Funktionen herstellerübergreifend sicherzustellen.[6][7] Bis Juli 2023 folgten dann weitere Hersteller, die auf die NACS-Steckverbindung setzen. Sieben der Hersteller, Ford, General Motors, Mercedes-Benz, Nissan, Polestar, Rivian und Volvo, erklärten im Juli 2023, gemeinsam eine Ladeinfrastruktur mit 30.000 Schnellladepunkten mit Combo-1- und NACS-Anschlüssen in Nordamerika errichten zu wollen.[8]
Der Ladenetzbetreiber Electrify America[Hinweis 3] hat im Juni 2023 angekündigt, seine bestehenden und zukünftigen Säulen ab 2025 auch mit NACS auszurüsten.[9][10]
Im Oktober 2023 kündigten weitere Hersteller den Wechsel zu NACS an: BMW, Toyota, Hyundai, Kia, Genesis, Honda, Acura und Fisker.[10] Dies erfolgt unterschiedlich zwischen Ende 2024 und Anfang 2026.[10] Im November 2023 schloss sich Subaru an.[11][Hinweis 4] Im Dezember 2023 kündigte die Volkswagen AG an, dass zukünftige Fahrzeuge der Marken Volkswagen, Audi, Porsche und Scout Motors ab 2025 NACS unterstützen werden.[12]
Im Dezember 2023 hat die SAE den Technical Information Report zur Norm J3400 vorlegt (Abschluss der Beratungsphase). Die finale Verabschiedung soll bis Herbst 2024 erfolgen.[13] Die zuständige Regierungsbehörde (Joint Office of Energy and Transportation) hat die Normierung unterstützt und erwartet eine breite Einführung in 2025.[13][14][Hinweis 5]
Beschreibung
Die NACS-Stecker sind für eine Stromstärke bis 900 Ampere und 1000 Volt Gleichspannung ausgelegt. Theoretisch sind so 900 kW Ladeleistung bei nicht gekühlten Ladekabeln an einem Supercharger denkbar. Tatsächlich eingesetzt wurden bisher maximal 500 Ampere bei maximal 500 Volt (entsprechend 250 kW), wobei diese V3 Supercharger mit wassergekühlten Kabeln ausgestattet sind.[15]
Zu beachten ist, dass es eine „500V configuration“ und eine „1000V configuration“ in der Spezifikation 1.1 mit anderen Schutzabständen gibt, sodass die 1000 Volt erst an V4 Superchargern abgerufen werden können, die diese Stecker einsetzen. Ende 2023 zeigte sich in den USA allerdings, dass alle V4 Supercharger an Konverterstationen für V3 hängen, sodass auch der Cybertruck mit 800-Volt-Bordnetz nicht die erweiterte Spezifikation nutzen kann.[16][17]
Die NACS-Stecker eignen sich außerdem für Wechselstrom, die mit maximal 80 Ampere bei maximal 277 Volt spezifiziert sind (der obere Wert für Haushalte mit Drehstromanschluss in den USA). Für den verbreiteten Split-Phase-Anschluss (Einphasen-Dreileiternetz) sind es typisch 48 Ampere bei 240 Volt.
Weblinks
Einzelnachweise
- Iris Martinz: Weißes Haus stellt Plan zum Ausbau des E-Ladenetzes vor. Elektroauto News .
- Luca Leicht: Dank Magic Dock darf jeder an Teslas Supercharger. auto motor sport, 28. März 2023 .
- https://www.tesla.com/en_eu/blog/opening-north-american-charging-standard November 11, 2022
- Cora Werwitzke: Ford verbaut in E-Autos ab 2025 Ladeport von Tesla. Electrive.net, 26. Mai 2023 .
- Michael Neißendorfer: General Motors bindet Tesla Supercharger ein und setzt auf NACS statt CCS. Elektroauto News .
- SAE International Announces Standard for NACS Connector, Charging PKI and Infrastructure Reliability. SAE International, 27. Juni 2023 (englisch).
- SAE J3400: NACS Electric Vehicle Coupler. SAE International, 11. Juli 2023 (englisch).
- Henning Peitsmeier: Sieben Autohersteller laden bald gemeinsam. FAZ, 26. Juli 2023 .
- Electrify America to add North American Charging Standard (NACS) connector by 2025. In: prnewswire.com. 9. Juni 2023, abgerufen am 27. Oktober 2023.
- Markus Schönfeld, Luca Leicht, Uli Baumann: VW-Konzern wird in den USA zum Nachzügler. auto motor sport, 20. Oktober 2023 .
- Carla Westerheide: Auch Subaru setzt in Nordamerika auf NACS. electrive.net, 1. November 2023 .
- Volkswagen, Audi, Porsche and Scout Motors brands to implement the North American Charging Standard in future electric vehicles. In: Volkswagen AG. 19. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023 (englisch).
- Bill Visnic: SAE completes next step to standardize Tesla-developed EV charging connector. SAE, 19. Dezember 2023 .
- Biden-Harris Administration, U.S. Joint Office of Energy and Transportation Applaud Critical Milestone for SAE J3400 EV Charging Connector Standard. Joint Office of Energy and Transportation, 19. Dezember 2023 .
- Andreas Donath: Tesla bringt Supercharger V3 mit Wasserkühlung in Position. Golem, 8. März 2019 .
- Fred Lambert: Tesla’s charging network is not ready for Cybertruck. Electrek, 30. November 2023 (englisch).
- Daniel Zlatev: Cybertruck charge time is 20 minutes at 350kW V4 Supercharger as Tesla splits the battery in 400V units. NotebookCheck, 2. Dezember 2023 .
Hinweise:
- die tatsächliche Verfügbarkeit lag bei Tesla über 99 %, und defekte Ladepunkte wurde in der App korrekt angezeigt.
- Probleme mit den Ladekarten hatten in Deutschland dazu geführt, dass der Gesetzgeber die Anbieter von öffentlichen Ladestationen verpflichtete, ab Januar 2023 mindestens Bankkarten zu akzeptieren.
- nach dem Abgasskandal als Unternehmen der Volkswagen Group gegründet
- In Kooperation mit Toyota.
- die Behörde ist zuständig für das Bipartisan Infrastructure Law zur Elektrifizierung im Umfang von 108 Milliarden US-Dollar (Stand 2023), darunter das Paket für Schnellladestationen