Stadtkirche St. Nikolaus (Wil SG)

Die römisch-katholische Stadtkirche St. Nikolaus in Wil SG ist ein Beispiel spätgotischer Sakralarchitektur im Kanton St. Gallen. Sie befindet sich auf einem Hügel in der Wiler Altstadt und steht auf der Liste der Kulturgüter.

Katholische Kirche St. Nikolaus Wil SG

Geschichte

Die Stadtkirche St. Nikolaus geht auf das 15. Jahrhundert zurück. Sie ist nach der Kirche St. Peter der zweitälteste Sakralbau der Stadt. Mit dem Wiederaufbau Wils nach der Brandkatastrophe von 1292 baute man zunächst eine romanische Saalkirche. Ab 1429 entstand mit der Errichtung des Chorraums ein spätgotischer Neubau, zwischen 1478 und 1500 durch das Hauptschiff, unter Fürstabt Ulrich Rösch, ergänzt. 1505 wurde eine wöchentliche Freitags-Prozession von St. Nikolaus nach St. Peter eingeführt, die 1840 aufgegeben wurde. Bis heute ist die spätgotische Rundpfeilerbasilika mit hohem, dreiseitig geschlossenem Chor, flachgedecktem Hauptschiff und gewölbten Seitenschiffen erhalten. Der Turm (ursprünglich als Wehrturm der Stadtbefestigung) wurde auf der Grundlage von alten Zeichnungen und Überlieferungen nachgebaut. Die Kirche wurde 1932/1933 um ein Joch verlängert und zwischen 1981 und 1983 umfassend renoviert.

Ausstattung

Das monumentale Wandbild des hl. Christophorus im nördlichen Seitenschiff stammt aus der Zeit um 1400 und wird Hans Haggenberg zugeschrieben. In der Kirche befindet sich ein Teil des Kirchenschatzes aus der Blütezeit des Klosters St. Gallen und der Pfarrei, Stiftungen des Burgerrates, eine romanische Madonna aus dem 12. Jahrhundert, und das barocke silbergetriebene Reliquiar des dritten Stadtheiligen St. Pankratius.

Glocken

Im Turm befinden sich 7 Glocken mit der Tonfolge G° B° c' d' es' f' g'. Sie wurden 1939 in der Glockengiesserei H. Rüetschi in Aarau gegossen. Im Chordachreiter hängen 2 kleine Glocken mit der Tonfolge gis" h". Glocken im Chordachreiter läuten nur an hohen Feiertagen.

GlockeSchlagtonGiesserGussjahrName/Widmung
1H. Rüetschi, Aarau1939Dreifaltigkeitsglocke
2H. Rüetschi, Aarau1939Muttergottesglocke
3c'H. Rüetschi, Aarau1939Josefsglocke
4d'H. Rüetschi, Aarau1939Nikolausglocke
5es'H. Rüetschi, Aarau1939Gallusglocke
6f'H. Rüetschi, Aarau1939Agathaglocke
7g'H. Rüetschi, Aarau1939Pankratiusglocke
Igis"Unbekannt1725Grössere Chorglocke
IIh"Unbekannt1878Kleinere Chorglocke

Orgeln

Mathis-Orgel (1982)

Die Orgel wurde 1982 von Mathis Orgelbau AG, Näfels, erbaut; Fachberater war der Frauenfelder Organist Josef Holtz (1930–1995), der auch das Einweihungskonzert am 24. April 1983 spielte. Das Instrument hat 45 Register (Schleifladen mit mechanischer Spiel- und Registertraktur) auf drei Manualen und Pedal und ist regelmässig in der Liturgie und in Konzerten zu hören. Eine umfassende Renovierung der Orgel ist geplant. Die Disposition:[1]

Disposition der Mathis-Orgel:
I Hauptwerk C–g3
Principal16′
Octave08′[2]
Flauto08′
Gemshorn08′
Octave04′
Spitzflöte04′
Quinte223
Octave02′
Cornet V (ab f0)08′[3]
Mixtur III–IV113
Cymbel IV23
Trompete08′
II Schwellwerk C–g3
Diapason08′
Bourdon08′
Gambe08′
Unda maris (ab c0)08′[4]
Octave04′
Traversflöte04′
Nasat223
Hohlflöte02′
Terz135
Plein-jeu IV02′[5]
Fagott16′
Trompette harmonique08′
Oboe08′
Clairon04′[6]
Tremulant
III Positiv C–g3
Holzgedackt08′
Principal04′[7]
Rohrflöte04′
Octave02′
Quinte113
Sesquialter II135
Scharf IV01′
Krummhorn08′
Regal08′[8]
Tremulant
Pedal C–f1
Untersatz32′[9]
Principal16′[10]
Subbass16′
Octave08′
Gedacktbass08′
Octave04′
Mixtur IV223
Posaune16′
Trompete08′
Trompete04′
  • Koppeln (mechanisch, als Tritte): II/I, III/I, I/P, II/P, III/P
  • Spielhilfen: Organo Pleno-Tritte an/ab (Hauptwerk: Octave 8′, 4′, 2′, Mixtur, Cymbel. Pedal: Principal 16′, Octave 8′, 4′, Mixtur). Vier mechanische Einführungstritte: Trompete 8′ (HW), Trompette harmonique 8′ (SW), Posaune 16′ (Pedal), Trompete 8′ (Pedal). Schwelltritt für II. Manual (Schwellwerk).

Kuhn-Orgel (1925–1981)

1925 erbaute Orgelbau Kuhn AG, Männedorf, ein Instrument mit insgesamt 57 Registern (pneumatische Taschenladen) auf drei Manualen und Pedal unter Verwendung von Pfeifenmaterial aus der Josef-Braun-Orgel von 1866. 1933 wurde das Instrument im Rahmen der Kirchenrenovierung abgebaut und beim anschliessenden Wiedereinbau um ein Rückpositiv mit 7 Registern ergänzt. Die Kuhn-Orgel wurde 1981 zu Beginn der Kirchenrenovierung abgetragen und ein Jahr später durch eine neue Orgel von Mathis ersetzt. Fünf Register der alten Kuhn-Orgel wurden 1985 von Liefert Orgelbau AG (Emmen LU) für den Orgelneubau in der katholischen Kirche St. Johannes der Täufer in Tobel TG verwendet. Die ursprüngliche Disposition der Kuhn-Orgel:[11][12]

Disposition der Kuhn-Orgel:
I Manual C–g3
Geigenprincipal16′
Bourdon16′
Principal08′
Bourdon08′
Flauto amabile08′
Gambe08′
Dolce08′
Gemshorn08′
Octave04′
Rohrflöte04′
Quinte223
Waldflöte02′
Terz135
Cornet III–V08′
Mixtur IV–V223
Trompete08′
II Manual C–g3[13]
Grossgedackt016′
Suavial08′
Gedackt08′
Salicional08′
Traversflöte08′
Harmonica08′
Flûte d’amour04′
Gemshorn04′
Nasard223
Doublette02′
Mixtur IV113
Clarinette08′
III Fernwerk C–g3[14]
Stillgedackt016′
Harfenprincipal08′
Lieblich Gedackt08′
Doppelflöte08′
Viola08′
Aeoline08′
Quintatön08′
Voix céleste08′
Fugara04′
Flûte pastorale04′
Quintflöte223
Piccolo02′
Terzflöte135
Septime117
None89
Harmonia aetherea IV223
Basson016′
Trompette harmonique08′
Vox humana08′
Pedal C–f1
Principalbass16′
Subbass16′
Salicetbass16′
Echobass16′[15]
Contrebass16′[15]
Quintbass1023
Flötbass08′
Cello08′
Aeolsbass08′[15]
Offenquinte513[15]
Principalflöte04′
Mixtur IV513
Bombarde16′
Trompete08′
  • Koppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P. Superoktavkoppeln: II/I, III/I, II/II, III/III
  • Spielhilfen: Schwelltritte für II. Manual (Schwellwerk) und III. Manual (Fernwerk). Crescendowalze. Handregister und freie Kombinationen. Zungenabsteller

Hauptorganisten

  • Paul Huber, 1943–1949
  • Christoph Maria Moosmann, 1988–1994
  • Marie-Louise Eberhard Huser, 1995–2023
  • Martin Welzel, seit Juli 2023[16]

Konzertzyklus «toccatawil»

1989 gründeten die Kirchenmusiker der evangelischen und katholischen Wiler Kirchgemeinden den Zyklus «Wiler Abendmusiken», der 2007 in «toccatawil» umbenannt wurde. Neben Orgelkonzerten (solistisch und Orgel plus) in der Stadtkirche St. Nikolaus, St. Peter, der Kreuzkirche, der Klosterkirche St. Katharina und der Neuapostolischen Kirche umfassen die Konzertangebote geistliche Musik in unterschiedlichen Besetzungen, die «Wiler Sommerorgel» mit aufeinanderfolgenden Kurz-Konzerten und den jährlichen «Orgelspaziergang zur Weihnachtszeit» am ersten Sonntag des Jahres, bei dem verschiedene Orgeln im Stadtgebiet einbezogen werden.[17] Zum 1. August 2023 übernahm Martin Welzel die künstlerische Leitung von «toccatawil».[18]

Literatur

  • Josef Holtz: Meisterwerk der Orgelbaukunst: Stadtkirche St. Nikolaus Wil SG. In: Katholische Kirchenmusik (früher Der Chorwächter). 108. Jg., 1983, S. 231–232.
  • Josef Holtz: Meisterwerk der Orgelbaukunst. Stadtkirche St. Nikolaus Wil: Orgelkollaudation Sonntag, 24. April, 16 Uhr. In: Neues Wiler Tagblatt. 23. April 1983 (archiviert in: Bulletin OFSG der St. Galler Orgelfreunde, 1. Jg., 1983, Nr. 1, S. 1, online; PDF; 5,0 MB).
  • Franz Lüthi: Orgelkollaudation zu St. Nikolaus. Musikdirektor Josef Holtz, Frauenfeld, stellte das neue Instrument in einem Konzert vor. In: St. Galler Tagblatt. 26. April 1983 (archiviert in: Bulletin OFSG der St. Galler Orgelfreunde, 1. Jg., 1983, Nr. 1, S. 2, online; PDF; 5,0 MB).
  • Franz Lüthi: Die Mathis-Orgel in der Stadtkirche St. Nikolaus in Wil. In: Bulletin OFSG der St. Galler Orgelfreunde, 31. Jg., 2013, Nr. 1, S. 33–40 (online; PDF; 2,0 MB).
  • Benno Ruckstuhl: Die Altstadt von Wil: Ein Gang zur Begegnung mit Geschichte und Gegenwart. 3. Aufl. Lions Club, Wil 1998.
Commons: St. Nikolaus (Wil) – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Eintrag auf Organ Index. Abgerufen am 27. Dezember 2023.
  2. C-h1 im Prospekt.
  3. Aufgebänkt.
  4. Schwebung zu Gambe 8'.
  5. Ursprünglich 5-fach. Der höchste Chor (12)’ wurde später stillgelegt; daher aktuell nur 4-fach.
  6. Ab gis2 labial.
  7. D-b1 im Prospekt.
  8. Holz; ab cis3 Metall (labial).
  9. Auf Zusatzladen links und rechts hinter der Orgel. Der Registerzug betätigt ein pneumatisches Sperrventil im Untergehäuse.
  10. C-H im Prospekt.
  11. Eintrag zur Kuhn-Orgel (1925) in St. Nikolaus im Orgelverzeichnis Schweiz und Liechtenstein. Abgerufen am 27. Dezember 2023.
  12. Eintrag zur Kuhn-Orgel (1925) in St. Nikolaus auf der Website von Orgelbau Kuhn AG. Abgerufen am 27. Dezember 2023.
  13. Im Schweller. Pfeifenwerk bis g4 ausgebaut.
  14. Pfeifenwerk bis g4 ausgebaut.
  15. Transmission.
  16. Pfarrbrief Impuls, S. 15–16
  17. Website des Zyklus «toccatawil». Abgerufen am 27. Dezember 2023.
  18. Sommerorgel mit Wechsel in der Leitung. In: www.wil24.ch. 20. August 2023, abgerufen am 27. Dezember 2023.

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