Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen

Die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen (kurz: SRzG, auch: Stiftung Generationengerechtigkeit) ist eine Stiftung des bürgerlichen Rechts mit Sitz in Stuttgart, die sich mit dem Thema Generationengerechtigkeit befasst.

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Stiftungszweck

Die Stiftung Generationengerechtigkeit befürwortet ein altersunabhängiges Wahlrecht, nach dem jeder wählen dürfte, sobald er dies selbst möchte und dazu fähig ist.[1]

Die Stiftung setzt sich seit 1999 für die Verankerung der Generationengerechtigkeit im Grundgesetz ein.[2] So veröffentlichte sie beispielsweise 2003 das Handbuch Generationengerechtigkeit und initiierte anschließend mit der Veranstaltung einer Reihe von Workshops für Bundestagsabgeordnete unter 40 Jahren ein parteiübergreifend Zuspruch findendes Projekt[3] unter Federführung von Jens Spahn (CDU), Daniel Bahr (FDP), Sabine Bätzing (SPD) und Alexander Bonde (Bündnis 90/Die Grünen),[4] das 2006 in einem interfraktionellen Gesetzesentwurf resultierte.[5] Dieser sah unter anderem die Aufnahme eines Artikels 20b in das Grundgesetz vor:

„Der Staat hat in seinem Handeln das Prinzip der Nachhaltigkeit zu beachten und die Interessen künftiger Generationen zu schützen.“

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes zur Verankerung der Generationengerechtigkeit[6][7]

Der Gesetzesentwurf wurde dadurch, dass er vor Ablauf der 16. Legislaturperiode nicht verabschiedet wurde, obsolet.[8]

Im Juni 2023 startete die Stiftung auf der Onlineplattform Change.org eine Petition zur Abschaffung der Abgeordnetenpension.[9]

Rezeption

Lobbycontrol weist darauf hin, dass „[n]eben engagierten Umweltschützern und lobbyfernen Zukunftsforschern“ dem Beirat der Organisation auch Personen angehören, „die eng mit der Wirtschaft vernetzt sind bzw. waren“. Als Beispiele werden Meinhard Miegel und Bernd Raffelhüschen genannt.[10] Der Publizist Wolfgang Lieb schreibt in einem Beitrag für die Deutsche Mathematiker-Vereinigung, dass Raffelhüschen neben seiner Tätigkeit im Beirat der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen, u. a. auch Mitglied des Vorstands der neoliberalen Stiftung Marktwirtschaft ist. Die seit 2006 regelmäßig erschienene „Generationenbilanz“ habe das ideologische Ziel, „von der Umverteilung von unten nach oben abzulenken und soziale Ungleichheit zu einem Kampf zwischen den Generationen umzudeuten“.[11] Der Volkswirt Heinz Rothgang vertritt die Auffassung, dass die Stiftung einem Narrativ anhänge, nach welchem die „Alten“ die „Jungen“ ausbeuten. Die Jungen dürften sich dies nicht gefallen lassen, ein neuer „Generationenvertrag“ müsse daher geschlossen werden. Diese Formulierungen seien jedoch euphemistisch und verschleierten im Kern die Forderung „nach einer Kürzung von Leistungen für Ältere (insbesondere bei der Rente) oder einer höheren Beteiligung der Älteren an der Finanzierung sozialstaatlicher Leistungen (Gesundheits- und Pflegeleistungen)“.[12]

Im Jahr 2023 forderte Jörg Tremmel, Vorstandssprecher der Stiftung in einem Interview mit Focus Online Generationengerechtigkeit und sagte: „Die Jüngeren müssen etwas mehr zahlen, aber die Älteren müssen auch bereit sein, etwas weniger zu bekommen“. Der SPD-Politiker Lothar Binding sagte dazu, dass wir „kein Problem zwischen alt und jung, sondern ein Problem zwischen arm und reich“ haben. Von dieser Tatsache lenke die Namensgebung der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen ab. Sie definiere sich als „Lobby für junge Bürger und erzeugt einen Konflikt in der Altersversorgung, den es nicht gibt“. Binding begrüße hingegen zugleich „den Vorschlag von Herrn Tremmel, eine Erwerbstätigenversicherung einzuführen, in die ausnahmslos alle Erwerbstätigen einbezogen werden“.[13]

Essay-Preis

Die Stiftung vergibt einen Preis für wissenschaftliche Essays, die sich mit ausgewählten Anliegen der Stiftung befassen. Das Preisgeld wurde von 15.000 DM (2001)[14] auf mittlerweile insgesamt 10.000 Euro erhöht. Es kommt nicht von der Stiftung selbst, sondern von der Stiftung Apfelbaum.[15]

Auszeichnungen

2000 erhielt die Stiftung die Theodor-Heuss-Medaille,[16][17] später die Bürgermedaille der Stadt Oberursel (2001),[18] den Integrationspreis der Stiftung Apfelbaum (2008),[19] sowie den „Energy Globe Award“ (2018).[20]

Veröffentlichungen (Auswahl)

Die Stiftung Generationengerechtigkeit gibt seit 2002 die unter igjr.org verfügbare englischsprachige elektronische Fachzeitschrift Intergenerational justice review (ISSN 2510-8824) heraus, die von 2009 bis 2016 auch unter dem Namen Intergenerational justice review: IGJR (ISSN 2190-6335) in Druckform sowie bis 2015 als Journal für Generationengerechtigkeit (ISSN 1617-1799) in deutscher Sprache erschien. Zudem veröffentlicht die Stiftung seit 2006 die unregelmäßig erscheinende Schriftenreihe SRzG-Studie(n) (ZDB-ID 2502672-0).

Weitere Herausgeberschaft:

  • Die 68er - warum wir Jungen sie nicht mehr brauchen. Kore, Freiburg i. Br. 1998, ISBN 978-3-933056-65-8.
  • Was bleibt von der Vergangenheit? Die junge Generation im Dialog über den Holocaust. Ch. Links, Berlin 2001, ISBN 978-3-86153-192-0 (Mit einem Beitrag von Roman Herzog).
  • Handbuch Generationengerechtigkeit. Oekom, München 2003, ISBN 978-3-936581-09-6.
  • Wahlrecht ohne Altersgrenze? Verfassungsrechtliche, demokratietheoretische und entwicklungspsychologische Aspekte. Oekom, München 2008, ISBN 978-3-86581-098-4.

Einzelnachweise

  1. Thorsten Winkelmann, Julia Zimmermann: Mehr Demokratie wagen? Wählen mit 16 Jahren. In: GWP – Gesellschaft. Wirtschaft. Politik. Band 69, Nr. 4, 2020, S. 501–510.
  2. „Generationsgerechte Verfassung“ gefordert. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 15. Mai 1999, Politik, S. 7.
  3. Wulf Schmiese: Kräftig Geld ausgeben auf fremde Rechnung. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. 27. Juli 2003, S. 4.
  4. Mehr Gerechtigkeit: Gruppe junger Bundestagsabgeordneter will die „Generationengerechtigkeit“ als Staatsziel festschreiben. In: Der Spiegel. Nr. 34, 2004, Panorama, S. 20.
  5. Jörg Tremmel: Generationen-Gerechtigkeit in der Verfassung. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. 16. Februar 2005 (bpb.de).
  6. Katja Rath, Martin Benner: Ein Grundrecht auf Generationengerechtigkeit? In: Verfassungsblog. 7. Mai 2021, abgerufen am 28. Oktober 2023.
  7. BT-Drs. 16/3399
  8. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes zur Verankerung der Generationengerechtigkeit (Generationengerechtigkeitsgesetz) (G-SIG: 16019347). Deutscher Bundestag, abgerufen am 28. Oktober 2023.
  9. Statt Rente: Abgeordnete gönnen sich eigene Altersversorgung. In: Focus Online. 4. Oktober 2023, abgerufen am 5. Oktober 2023.
  10. Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen. In: Lobbycontrol. Abgerufen am 6. Dezember 2023.
  11. Wolfgang Lieb: Drittmittel korrumpieren die Idee der Universität. In: Mitteilungen der Deutschen Mathematiker-Vereinigung. Band 23, Nr. 2, 20. Juni 2015, ISSN 0942-5977, S. 74–77, doi:10.1515/dmvm-2015-0028 (degruyter.com [abgerufen am 6. Dezember 2023]).
  12. Heinz Rothgang, Zentrum für Sozialpolitik, Universität Bremen: Generationengerechte Finanzierung der GKV? S. 5-6, abgerufen am 6. Dezember 2023.
  13. Jonas Forster: Rente: Im Alter auf Geld verzichten? Sozialverbände sind empört. In: DerWesten.de. 24. August 2023, abgerufen am 6. Dezember 2023 (deutsch).
  14. Tipps und Termine. In: Die Zeit, Nr. 44-2001 (25. Oktober 2001).
  15. Demographie-Preis vergeben. In: Behörden Spiegel, Heft 02/2012.
  16. Theodor-Heuss-Preis 2020
  17. Ringe unter den Augen. Ein leicht melancholischer Dank für den Theodor-Heuss-Preis. In: Süddeutsche Zeitung. 8. Mai 2000, Feuilleton, S. 16.
  18. Stadt würdigt Engagement für Europa. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 17. November 2001, Rhein-Main-Zeitung/Hochtaunus – Main-Taunus, S. 84.
  19. Integrationspreis. Stiftung Apfelbaum, abgerufen am 28. Oktober 2023.
  20. Energy Globe Awards national. Abgerufen am 22. September 2023.
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