Walter Krauspe

Walter Krauspe (* 30. Juli 1895 in Meißen; † 29. Januar 1968 in Göttingen) war ein deutscher Architekt und Baubeamter in Göttingen. Er gilt als Göttingens bedeutendster Architekt der Zeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg.[1]

Ausbildung und Wirken

Walter Krauspe war Sohn des Bankvorstands Karl Ferdinand Krauspe und seiner Frau Frieda Adele, geb. Kupfer.[1] Nach einem Architekturstudium in Dresden war er Schüler des 1916–1920 dort als Stadtbaurat wirkenden Hans Poelzig. Eine Studienreise nach Holland mit Berührung der dem Funktionalismus verpflichteten Architektur der De-Stijl-Gruppe bestimmte Krauspes Bauen mit einer Reduktion auf Grundformen und funktionelle Raumgestaltung.[2] 1922 kam Krauspe auf Betreiben des Göttinger Stadtbaurats Otto Frey nach Göttingen, wo er zunächst als Architekt im Stadtbauamt wirkte. 1927 wurde er Leiter des städtischen Hochbauamtes und 1929 Stadtbaumeister.[1] Verschiedentlich ist Walter Krauspe fälschlich als Stadtbaurat-Nachfolger von Otto Frey bezeichnet worden. Krauspe war über 35 Jahre lang mit der Dienstbezeichnung städtischer Baurat für die Stadt Göttingen tätig, wofür ihm 1957 eine Ehrenurkunde verliehen wurde.[3]

1932 unternahm Krauspe eine Studienreise in die USA, wo er die Bauten von Frank Lloyd Wright kennenlernte, die ihn beeinflussten.[1] Er war Mitglied des Deutschen Werkbundes (DWB).[4]

1942 organisierte Krauspe den Einsatz von sowjetischen Kriegsgefangenen für den Bau eines Staubeckens im Ebertal.[5]

Privates

Krauspe heiratete 1948 die Fotografenmeisterin Gunhild Ellen Triebel (1914–1999); das Paar hatte keine Kinder.[1]

Walter Krauspe war neben seinem Architektenberuf künstlerisch aktiv: Auf Reisen durch Frankreich, Italien, Jugoslawien, Holland und Dänemark fertigte er zahlreiche Aquarelle und Zeichnungen, die 1999 aus dem Nachlass der Witwe in das Städtische Museum Göttingen gelangten.[1][6] Krauspe besaß auch eine Sammlung chinesischer Keramik.[7]

Neubauten in Göttingen (Auswahl)

Das architektonische Werk von Walter Krauspe ist nicht erforscht und die folgende Zusammenstellung vorläufig:[8]

  • 1926–1927: Schützenhaus (Hildebrandstraße 12)
  • 1926–1927: Freibad Brauweg (Brauweg 60)[2][9]
  • 1926–1928: Kaiser Wilhelm II.-Oberrealschule, seit 1956 Felix-Klein-Gymnasium (Böttingerstraße 17)[10][11][12]
  • 1929–1931: Dreigeschossige Flachdach-Siedlungsbauten (Geismar Landstraße 88–98)[13][14][15]
  • 1938–1941: Egelsberg-Schule (Bebelstraße 25)[16]

Literatur

(chronologisch)

  • Alf Lierse: Werkspur eines Unbekannten. Der Beitrag Walter Krauspes zur „Neuen Sachlichkeit“ in Göttingen. In: Göttinger Tageblatt, 2./3. März 1968.[17]
  • Maren Christine Härtel: Göttingen im Aufbruch zur Moderne. Architektur und Stadtentwicklung (1866–1989). In: Göttingen, Geschichte einer Universitätsstadt, Bd. 3: Von der preußischen Mittelstadt zur südniedersächsischen Großstadt 1866–1989. Hrsg. Rudolf von Thadden, Günter J. Trittel, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999, ISBN 3-525-36198-X, S. 761–817, hier S. 785–788. (Digitalisat auf books.google.de, abgerufen am 16. April 2023)
  • Thomas Appel: Göttinger Künstlerlexikon. Maler – Grafiker – Bildhauer – Architekten. Vom 14. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Universitätsverlag Göttingen, Göttingen 2022, ISBN 978-3-86395-504-5 (Digitalisat auf univerlag.uni-goettingen.de, abgerufen am 16. April 2023), S. 143 f., 148 f., 368 f.

Einzelnachweise

  1. Thomas Appel: Göttinger Künstlerlexikon. Maler – Grafiker – Bildhauer – Architekten. Vom 14. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Universitätsverlag Göttingen, Göttingen 2022, ISBN 978-3-86395-504-5, S. 143.
  2. Maren Christine Härtel: Göttingen im Aufbruch zur Moderne. Architektur und Stadtentwicklung (1866–1989). In: Göttingen, Geschichte einer Universitätsstadt, Bd. 3: Von der preußischen Mittelstadt zur südniedersächsischen Großstadt 1866–1989. Hrsg. Rudolf von Thadden, Günter J. Trittel, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999, ISBN 3-525-36198-X, S. 761–817, hier S. 785.
  3. Stadtarchiv Göttingen, Signatur C 3 UZ II Nr. 6. In: arcinsys.niedersachsen.de. Niedersächsisches landesarchiv Hannover, abgerufen am 16. April 2023 (Ehrenurkunde für den Städtischen Baurat Walter Krauspe, 30.09.1957).
  4. Niedersächsisches Landesarchiv Hannover, Signatur: V.V.P. 104 Acc. 2014/118 Nr. 37. In: arcinsys.niedersachsen.de. Niedersächsisches Landesarchiv Hannover, abgerufen am 16. April 2023 (Mitglieder Buchstaben G - L des Deutschen Werkbundes (DWB), 1907-1934).
  5. NS-Zwangsarbeit: Städtisches Bauamt. In: zwangsarbeit-in-goettingen.de. Stadtarchiv Göttingen, abgerufen am 16. April 2023.
  6. 1999. In: wiki-goettingen.de. Abgerufen am 16. April 2023 (Eintrag zum Datum: 17. September 1999).
  7. Schale. Junyao. Yuan-Zeit oder später. In: lempertz.com. Lempertz Auktionshaus, abgerufen am 16. April 2023 (Auktion 1146 vom 6./7. Dezember 2019, Lot 398 mit Provenienzhinweis: Sammlung Baurat Walter Krauspe (1895–1968), Göttingen, 1932 bis 1935, Privatsammlung, Köln).
  8. Vgl. weitere Bauten bei Thomas Appel: Göttinger Künstlerlexikon. Maler – Grafiker – Bildhauer – Architekten. Vom 14. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Universitätsverlag Göttingen, Göttingen 2022, ISBN 978-3-86395-504-5, S. 368 f.
  9. Bettina Kratz-Ritter: »Manchmal ein wenig schmutzig«? Zur (Mentalitäts-)Geschichte des Flussbadens in Göttingen. In: Göttinger Jahrbuch, Bd. 62, 2014, S. 167–187 (Digitalisat auf docplayer.org, abgerufen am 16. April 2023), hier S. 182 f.
  10. Maren Christine Härtel: Göttingen im Aufbruch zur Moderne. Architektur und Stadtentwicklung (1866–1989). In: Göttingen, Geschichte einer Universitätsstadt, Bd. 3: Von der preußischen Mittelstadt zur südniedersächsischen Großstadt 1866–1989. Hrsg. Rudolf von Thadden, Günter J. Trittel, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999, ISBN 3-525-36198-X, S. 761–817, hier S. 787 f.
  11. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Band 5,1: Landkreis Göttingen: Stadt Göttingen. Bearbeitet von Ilse Rüttgerodt-Riechmann. Braunschweig / Wiesbaden, Friedr. Vieweg & Sohn 1982, ISBN 3-528-06203-7, S. 101. (Digitalisat auf digi.ub.uni-heidelberg.de, abgerufen am 16. April 2023) - Dort mit Nennung von Otto Frey als Architekt.
  12. Klaus Wettig: Ein moderner Schulbau in der Weimarer Republik. Walter Krauspe, ein Architekt der Moderne, hat das Felix-Klein-Gymnasium in Göttingen gebaut. In: Göttinger Tageblatt, 15. November 2018, S. 19.
  13. Maren Christine Härtel: Göttingen im Aufbruch zur Moderne. Architektur und Stadtentwicklung (1866–1989). In: Göttingen, Geschichte einer Universitätsstadt, Bd. 3: Von der preußischen Mittelstadt zur südniedersächsischen Großstadt 1866–1989. Hrsg. Rudolf von Thadden, Günter J. Trittel, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999, ISBN 3-525-36198-X, S. 761–817, hier S. 785 f.
  14. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Band 5,1: Landkreis Göttingen: Stadt Göttingen. Bearbeitet von Ilse Rüttgerodt-Riechmann. Braunschweig / Wiesbaden, Friedr. Vieweg & Sohn 1982, ISBN 3-528-06203-7, S. 84. (Digitalisat auf digi.ub.uni-heidelberg.de, abgerufen am 16. April 2023)
  15. Wohnhauszeile Geismar Landstraße 88-98. In: denkmalatlas.niedersachsen.de. Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, abgerufen am 16. April 2023.
  16. Maren Christine Härtel: Göttingen im Aufbruch zur Moderne. Architektur und Stadtentwicklung (1866–1989). In: Göttingen, Geschichte einer Universitätsstadt, Bd. 3: Von der preußischen Mittelstadt zur südniedersächsischen Großstadt 1866–1989. Hrsg. Rudolf von Thadden, Günter J. Trittel, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999, ISBN 3-525-36198-X, S. 761–817, hier S. 788.
  17. Literaturnachweis bei Waldemar R. Röhrbein: Die Göttinger Satzung über Baugestaltung und das Problem des Denkmalschutzes. Interpretation und Quellen. In: Göttinger Jahrbuch, Bd. 20, 1972, S. 183–223, hier S. 222.
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