Zeuxippus-Thermen
Die Thermen des Zeuxippus waren öffentliche Thermen in der byzantinischen Stadt Konstantinopel. Sie wurden im 2. Jahrhundert nach Christus erbaut, während des Nika-Aufstandes im Jahr 532 zerstört und einige Jahre später wiederaufgebaut. Die Thermen wurden rund 450 Meter südlich der älteren Bäder des Achilles der Akropolis von Byzantion errichtet. Die Thermen waren vor allem bekannt für ihre vielen Statuen, die berühmte Persönlichkeiten darstellten. Im 7. Jahrhundert wurden die Thermen dann für militärische Zwecke genutzt.

Lage

Die Zeuxippus-Bäder befanden sich nördlich des Großen Palasts von Konstantinopel zwischen Augustaion und nordöstlicher Ecke des Hippodroms.[1] Der byzantinische Geschichtsschreiber Johannes Zonaras berichtete im 12. Jahrhundert, wie Septimius Severus die Bäder auf den Grundmauern eines Jupiter-Tempels errichtete und mit dem Hippodrom verband. Der Theologe Leontios von Jerusalem, dessen Beschreibungen als genauer galten und vor Zonaras’ Schriften erschienen, behauptete hingegen, dass die Bäder nicht an das Hippodrom gebaut wurden, sondern in der Nähe standen.[2]
Name
Die Herkunft des Namens der Thermen ist ungeklärt. Seinen Namen soll das Badhaus von dem Ort haben, an dem es erbaut wurde, wo ursprünglich ein Kultplatz für Helios stand, der oft mit Zeus gleichgesetzt wurde.[3] Es könnte dort auch eine Statue des Zeus gestanden haben oder Gemälde des griechischen Malers Zeuxis von Herakleia (auch Zeuxippus von Herakleia) ausgestellt gewesen sein.[4]
Entstehung, Ausstattung und Nutzung
Erbaut wurden die Bäder von Septimius Severus um 200 n. Chr. und durch Konstantin dem Großen erweitert und ausgeschmückt.[5] Aus dem Chronicon Paschale ist bekannt, dass dieser Ausbau 328 abgeschlossen war und das Gebäude 330 gemeinsam mit der gesamten neu gestalteten Stadt eingeweiht wurde.[6]
Zu der Dekoration gehörten Mosaiken, Gemälden und Inkrustationen aus Buntmarmor wie Rosso Africano und Giallo Africano. Es wurde ein Fries mit Delphinen und Nereiden aus prokonnesischem Marmor gefunden, der auf eine Dekoration mit Meeresmotiven hindeutet.[7] Zusätzlich wurden bei der Neugestaltung durch Kaiser Konstantin 80 Bronzestatuen aufgestellt, die meist bedeutende historische Persönlichkeiten (wie etwa Homer, Hesiod, Platon, Aristoteles und Gaius Iulius Caesar), aber auch mythologische Personen und Götter darstellten.[8] Ob die Statuen neu angefertigt oder, wie oft vermutet wird, aus verschiedenen Teilen des römischen Reiches (besonders Griechenland) nach Konstantinopel zusammengetragen wurden, lässt sich nicht sicher feststellen.[9] Die Bäder folgten damit einem zeitgenössischen architektonischen Trend: Bauwerke wie das Senatsgebäude, das Forum und der sogenannte Lausus-Palast wurden alle mit ähnlichen Statuen von mythologischen Helden, historischen Figuren und bedeutenden Persönlichkeiten geschmückt.[10]
Für eine recht geringe Gebühr konnte jeder den Badekomplex nutzen. Während das Areal offensichtlich vor allem als öffentliche Badeanstalten genutzt wurde, gab es aber auch weitere Möglichkeiten zur Erholung. Neben dem eigentlichen Thermenbau existierte ein großes offenes Peristyl, das zu einem Gymnasium gehörte. Es handelte sich somit wohl um Gymnasium-Thermen: Überwölbte Räume wechselten mit offenen rechteckigen Arealen für Übungen.[11]
Badewärter überwachten den Komplex, kümmerten sich um Öffnungszeiten und die Einhaltung der Regeln. Frauen und Männer durften nicht gemeinsam baden. Sie waren entweder in unterschiedlichen Gebäudeteilen untergebracht oder badeten zu unterschiedlichen Zeiten.[12]
Obwohl es in Konstantinopel einige Thermenanlagen gab, scheinen die Zeuxippus-Thermen besonders bedeutsam gewesen zu sein, da sie in diversen literarischen Berichten erwähnt werden und in sehr zentraler Lage errichtet worden waren.[13] Sogar Geistliche und Mönche wurden dort gesehen, obwohl ihre Vorgesetzten die Bäder als Orte des gottlosen Verhaltens geißelten.[12]
Während des Nika-Aufstandes im Jahr 532 wurden große Teile der Stadt zerstört und Tausende Menschen starben. Auch die Bäder des Zeuxippus wurden durch ein Feuer zerstört.[14] Kaiser Justinian I. baute die Thermen zwar wieder auf und ließ neue Statuen anbringen, doch die vormaligen Kunstwerke waren zerstört und wurden nicht wieder aufgestellt.[15]
Vom Ende des Badebetriebes bis zur Ausgrabung der Thermen
Zu Beginn des 7. Jahrhunderts änderte sich das öffentliche Baden aufgrund des extremen militärischen und politischen Drucks auf das Byzantinische Reich von einem alltäglichen Ritual zu einem seltenen Luxus. Viele öffentliche Einrichtungen und Veranstaltungsorte wurden für militärische Zwecke umgenutzt.[12][16] Die Thermen des Zeuxippus wurden zuletzt im Jahr 713 als Badhaus erwähnt, bevor sie für andere Zwecke umgebaut wurden: Ein Teil des Gebäudes wurde zu dem als Noumera bekannten Gefängnis, während ein anderer Teil als Seidenwerkstatt diente.[17]
In den 1460er Jahren wurden Bauteile der Zeuxippus-Thermen für die Errichtung der Fatih-Moschee wiederverwendet.[18] Im Jahr 1556 baute der osmanische Architekt Sinan das Haseki Hürrem Sultan Hamamı auf dem Gelände der Thermen.[17] In den Jahren 1927/1928 wurden Ausgrabungen an diesem Ort durchgeführt und viele historische Relikte wie Steingut und glasierte Keramik geborgen. Dies ermöglichte Einblicke in die Architektur, aber auch in die sozialen Interessen der Menschen und die Kultur von Konstantinopel.[19]
Rezeption in der Literatur
Der spätantike Dichter Christodoros schrieb ein 416 Zeilen langes Gedicht in Hexametern, das von den prächtigen Statuen der Thermen inspiriert war.[20] Es bestand aus sechs kurzen Epigrammen, von denen sich jedes auf eine kleine Gruppe der Statuen bezog. Es wurde vermutet, dass die Epigramme von Christodorus in die Sockel der Statuen eingeschrieben worden sind, dies ist jedoch aufgrund der beschreibenden Sprache und der Verwendung des Präteritums unwahrscheinlich.[21]
Eine Bestätigung fand die Beschreibung des Christodoros bei der Ausgrabung eines Teiles der Thermen durch den Fund zweier Statuenbasen, deren Inschriften zwei von ihm tatsächlich erwähnte Figuren („Hekabe“ und „Aischenes“) nennen.[22]
Literatur
- Alessandra Bravi: Griechische Kunstwerke im politischen Leben Roms und Konstantinopels (= Klio Beihefte. Neue Folge, Band 21). Walter de Gruyter, Berlin/Boston 2014, ISBN 978-3-05-006458-1.
- Stanley Casson, David Talbot Rice, Geoffrey Francis Hudson, Arnold Hugh Martin Jones: Preliminary report upon the excavations carried out in the Hippodrome of Constantinople in 1927.
- Stanley Casson, David Talbot Rice: Second report upon the excavations carried out in and near the Hippodrome of Constantinople in 1928. Milford, London 1929.
- Carlos A. Martins de Jesus: The statuary collection held at the baths of Zeuxippus (Ap 2) and the search for Constantine’s museological intentions. In: Synthesis. Band 21, 2014 (Digitalisat).
- Reinhard Stupperich: Das Statuenprogramm in den Zeuxippos-Thermen. Überlegungen zur Beschreibung durch Christodoros von Koptos. In: Istanbuler Mitteilungen. Band 32, 1982, S. 210–235 (Digitalisat).
Weblinks
- Rekonstruktion, Projekt Byzantium 1200
Einzelnachweise
- Zur Geschichte und Lage des Areals siehe Franz Alto Bauer: Stadt, Platz und Denkmal in der Spätantike. Untersuchungen zur Ausstattung des öffentlichen Raums in den spätantiken Städten Rom, Konstantinopel und Ephesos. Philipp von Zabern, Mainz 1996, ISBN 3-8053-1842-1, S. 148–167, besonders die Karten auf S. 155.
- So bereits Pierre Gilles. Siehe Pierre Gilles: The Antiquities of Constantinople. Italica Press, Incorporated 1998, ISBN 0-934977-01-1, S. 70.
- Alessandra Bravi: Griechische Kunstwerke im politischen Leben Roms und Konstantinopels. Walter de Gruyter, Berlin/Boston 2014, ISBN 978-3-05-006458-1, S. 250.
- Alessandra Bravi: Griechische Kunstwerke im politischen Leben Roms und Konstantinopels. Walter de Gruyter, Berlin/Boston 2014, ISBN 978-3-05-006458-1, S. 270.
- Stephan Busch: Versus balnearum. Die antike Dichtung über Bäder und Baden im römischen Reich. B. G. Teubner, Stuttgart/Leipzig 1999, ISBN 3-519-07256-4, S. 314.
- Reinhard Stupperich: Das Statuenprogramm in den Zeuxippos-Thermen. Überlegungen zur Beschreibung durch Christodoros von Koptos. In: Istanbuler Mitteilungen. Band 32, 1982, S. 210–235, hier S. 212, Anmerkung 7.
- Alessandra Bravi: Griechische Kunstwerke im politischen Leben Roms und Konstantinopels. Walter de Gruyter, Berlin/Boston 2014, ISBN 978-3-05-006458-1, S. 270–271.
- Reinhard Stupperich: Das Statuenprogramm in den Zeuxippos-Thermen. Überlegungen zur Beschreibung durch Christodoros von Koptos. In: Istanbuler Mitteilungen. Band 32, 1982, S. 210–235, hier vor allem S. 212–229.
- Reinhard Stupperich: Das Statuenprogramm in den Zeuxippos-Thermen. Überlegungen zur Beschreibung durch Christodoros von Koptos. In: Istanbuler Mitteilungen. Band 32, 1982, S. 210–235, hier S. 215.
- Alessandra Bravi: Griechische Kunstwerke im politischen Leben Roms und Konstantinopels. Walter de Gruyter, Berlin/Boston 2014, ISBN 978-3-05-006458-1, S. 249–299.
- Alessandra Bravi: Griechische Kunstwerke im politischen Leben Roms und Konstantinopels. Walter de Gruyter, Berlin/Boston 2014, ISBN 978-3-05-006458-1, S. 270.
- Marcus Louis Rautman: Daily Life in the Byzantine Empire. Greenwood Press, 2006, ISBN 0-313-32437-9, S. 77
- Reinhard Stupperich: Das Statuenprogramm in den Zeuxippos-Thermen. Überlegungen zur Beschreibung durch Christodoros von Koptos. In: Istanbuler Mitteilungen. Band 32, 1982, S. 210–235, hier S. 212.
- Marlia Mundell Mango: Building and Architecture. In: Averil Cameron, Bryan Ward-Perkins, Michael Whitby (Hrsg.): Empire and Successors, A.D. 425–600 (= The Cambridge Ancient History. 2. Auflage, Band 14). Cambridge University Press, 2000, S. 918–971, hier S. 935.
- Reinhard Stupperich: Das Statuenprogramm in den Zeuxippos-Thermen. Überlegungen zur Beschreibung durch Christodoros von Koptos. In: Istanbuler Mitteilungen. Band 32, 1982, S. 210–235, hier S. 213.
- Edward Gibbon: The History of the Decline and Fall of the Roman Empire. Penguin Classics, 1995, ISBN 0-14-043394-5, S. 950
- Alexander Kazhdan: Zeuxippos, Baths of. In: Oxford Dictionary of Byzantium. Oxford University Press, 1991, ISBN 978-0-19-504652-6, S. 2226.
- Vera Hell: Istanbul und Umgebung. Kunst- und Reiseführer. W. Kohlhammer, Stuttgart 1978, S. 69.
- Demetra Papanikola-Bakirtzis: Zeuxippus Ware: Some Minor Observations. In: Judith Herrin, Margaret Mullet, Catherine Otten-Froux (Hrsg.): Mosaic. Festschrift for A. H. S. Megaw (= British School at Athens Studies. Band 8). British School at Athens, London 2001, S. 131–134.
- Glen W. Bowersock, Peter Brown, Oleg Grabar: Late Antiquity A Guide to the Postclassical World. Harvard University Press, S. 6.
- Scott Fitzgerald Johnson: Greek Literature in Late Antiquity: Dynamism Didacticism Classicism. Ashgate Publishing, 2006, ISBN 0-7546-5683-7, S. 170.
- Reinhard Stupperich: Das Statuenprogramm in den Zeuxippos-Thermen. Überlegungen zur Beschreibung durch Christodoros von Koptos. In: Istanbuler Mitteilungen. Band 32, 1982, S. 210–235, hier S. 211–212.